Märchen aus Sizilien

Es war einmal ein armer Maurer, der hatte eine Frau und eine Menge Kinder, und konnte doch nicht genug verdienen, um sie zu ernähren. Als sie nun eines Tages vor Hunger weinten, und der arme Mann keine Arbeit hatte, sprach er zu seiner Frau: »Ich will über Land gehen; vielleicht finde ich wo anders Arbeit, und kann euch Geld und Speise mitbringen.«

Also machte er sich auf den Weg, und wanderte fort, und als er ein gutes Stück gegangen war, kam er auf einen Berg. Da sah er eine wunderschöne Frau liegen, die sprach zu ihm: »Du brauchst nun nicht weiter zu wandern, denn ich bin dein Glück, und ich will dir helfen.« Da schenkte sie ihm eine Zaubergerte und sprach: »Wenn du essen willst, so befiehl nur dieser Gerte, so wird vor dir stehen, was dein Herz begehrt.« Der Maurer dankte der unbekannten schönen Frau, und ging fröhlich heim.

Weil es aber schon dunkel war, konnte er nicht mehr bis nach Hause kommen, sondern musste in einem Wirtshause einkehren. Da ließ er einen Tisch decken, und schlug dann mit der Gerte auf den Tisch. »Befiehl,« antwortete die Gerte. »Ich wünsche mir einen Teller Makkaroni, Braten und Salat, und eine gute Flasche Wein,« sprach er, und alsbald stand Alles vor ihm auf dem Tisch, und er aß sich satt, und dachte: »Jetzt habe ich für alle Zeiten genug.« Der Wirth und die Wirtin hatten aber Alles mit angesehen, und als der Maurer fest eingeschlafen war, kam der Wirth leise hereingeschlichen, nahm die Zaubergerte fort, und legte ihm eine gewöhnliche Gerte hin.

Am nächsten Morgen machte sich der Maurer ganz früh schon auf den Weg, und kam bald nach Haus. »Hast du uns gar nichts mitgebracht?« frug ihn seine Frau. »Ich habe etwas mitgebracht, das ist besser als alle Einkäufe,« antwortete er, »decke nur schnell den Tisch.« Als der Tisch nun gedeckt war, schlug er mit der Gerte darauf, und rief: »Ich wünsche Makkaroni, Braten, Salat und Wein für mich und meine Familie,« aber es erschien nichts, er mochte fragen und rufen, so viel er wollte. Da fing seine Frau an zu weinen, denn sie dachte, ihr Mann wäre verrückt geworden. Er aber sprach: »Nun, lass es gut sein; ich muss eben noch einmal über Land gehen.«

Also machte er sich auf, und wanderte bis zu dem selbigen Berg, und fand auch die schöne Frau noch dort. Die sprach zu ihm: »Du hast die Gerte verloren, ich weiß es wohl, ich will dir aber doch wieder helfen. Nimm diesen Esel; wenn du ihn auf ein Tuch stellst, so speit er dir Geld, so viel du willst.« Da nahm der Mauer den Esel, dankte der schönen Frau und ging heim.

Weil es aber anfing dunkel zu werden, musste er in demselben Wirtshause einkehren. Da ließ er auftragen, was sein Herz begehrte, und als er gegessen und getrunken hatte, ließ er sich ein Betttuch geben, nahm den Esel in sein Zimmer, und stellte ihn darauf. Da spie der Esel ihm Geld, bis er ihn wegtat. Die Wirtin aber hatte durchs Schlüsselloch alles mit angesehen, und als der Maurer schlief, schlich sich der Wirth hinein, nahm den Goldesel fort, und stellte ihm einen gewöhnlichen Esel hin.

Am frühen Morgen machte sich der Maurer vergnügt auf den Weg, kam nach Haus, und rief schon von weitem seiner Frau zu: »Heute aber bringe ich etwas mit, das ist besser, als alle Zaubergerten. Breite ein Betttuch aus, so sollst du etwas sehen, was du noch nie gesehen hast.« Die Frau tat wie ihr Mann sie geheißen, als aber der Maurer den Esel aufs Betttuch stellte, spie der Esel kein Geld, und der Maurer kratzte sich im Haar und dachte: »Wie geht das nur zu? Gewiss haben mir der Wirth und seine Frau einen schlimmen Streich gespielt!« Da seine Frau nun anfing zu weinen, sprach er: »Sei nur still, ich muss eben noch einmal mein Glück versuchen.«

So ging er denn wieder fort, und als er auf den Berg kam, war die schöne Frau auch noch da, und sprach: »Du hast auch den Goldesel verloren, ich weiß es. Dieses eine Mal will ich dir noch helfen, es ist aber das letzte Mal. Nimm diese Knüppelchen, und wenn du sprichst: ›Knüppelchen mein schlagt zu‹ , so schlagen sie so lange darauf los, bis du ihnen zurufst: ›Knüppelchen mein, nun ist’s genug.‹« Der Maurer nahm die Knüppelchen, dankte der schönen Frau, und dachte: »Damit kann ich meine Zaubergerte und den Goldesel wiedererlangen. Vorher aber will ich einmal selbst ihre Kraft versuchen. Knüppelchen mein, schlagt zu!« Alsbald schlugen die Knüppelchen auf seinem Rücken herum, dass er gleich wieder rief: »Knüppelchen mein, nun ist’s genug!« und die Knüppelchen wurden gleich wieder ruhig.

Abends kam der Maurer in dasselbe Wirtshaus, und der Wirth und die Wirtin sprachen unter einander: »Da kommt der selbige Maurer noch einmal, und bringt gewiss wieder ein Zauberstück mit.« Der Maurer aber rief: »Knüppelchen mein, schlagt zu!« und die Knüppelchen fuhren auf den Wirth und seine Frau los, und prügelten sie wacker durch. Da fingen die Beiden an zu schreien: »Nimm doch die Knüppelchen wieder von uns.« Der Maurer aber antwortete: »Nicht eher, als bis ihr mir meine Zaubergerte und meinen Goldesel wieder herausgebt.« Da liefen sie hin, und holten die Gerte und den Esel, und der Maurer rief: »Knüppelchen mein, nun ist’s genug!« und alsbald hörten die Knüppelchen auf zu schlagen.

Am frühen Morgen machte sich der Maurer wieder auf den Weg nach Haus. Als ihn seine Frau kommen sah, rief sie ihm entgegen: »Bringst du uns schon wieder einen schmutzigen Esel, der mir die ganze Stube übel zurichtet? Ich wollte doch, du kämest gar nicht wieder.« »Knüppelchen mein, schlagt zu, aber nicht zu stark,« sprach der Maurer, und die Knüppelchen prügelten die Frau, bis sie wieder zur Besinnung kam, und der Mann ihnen gebot einzuhalten. Die Frau aber deckte still den Tisch, wie ihr Mann sie es tun hieß, und dann schlug er mit der Gerte auf den Tisch. »Befiehl,« antwortete die Gerte. Da wünschte sich der Mann ein schönes Mittagessen für sich und seine Familie, und alsbald stand Alles da, und sie aßen vergnügt miteinander. Nach dem Essen sprach der Maurer: »Nun breite ein Betttuch aus, liebe Frau.« Das tat sie, und als er den Esel daraufstellte, spie das Tier so viel Geld als sie nur wollten. Da lebte der Maurer mit seiner Familie herrlich und in Freuden, und es mangelte ihnen nichts.

Die Nachbarn aber, als sie das Glück des Maurers sahen, wurden sie neidisch, und kamen zum König und sprachen: »Königliche Majestät, da ist ein Maurer, der ist bisher immer Hungers gestorben, und jetzt ist er auf einmal ein reicher Mann geworden, das geht nicht mit rechten Dingen zu.« Da schickte der König seine Diener hin, die sollten den Maurer zu ihm bringen, der aber sprach: »Knüppelchen mein, schlagt zu!« und ließ sie alle durchprügeln. Die Diener liefen zum König zurück, und klagten ihm, der Maurer habe sie alle durchprügeln lassen, und der König wurde zornig, versammelte seine Soldaten, und zog mit ihnen vor das Haus de Maurers. Der war unterdessen ein wenig spazieren gegangen, und hatte einen Mann angetroffen, der trug ein dreieckiges Hütlein, das war gar sonderbar anzuschauen. »Was du für ein sonderbares Hütlein hast,« rief der Maurer. »Ja,« sagte der Mann, »mein Hütlein hat aber eine eigene Tugend. Wenn ich dran drehe, so schießt es aus allen drei Ecken, und niemand kann mir dann widerstehen.« Da sprach der Maurer: »Und ich habe ein Paar Knüppelchen. Wenn ich zu denen sage: ›Knüppelchen mein, schlagt zu,‹ so prügeln sie die Leute durch, bis ich sie zurückrufe und spreche: ›Knüppelchen mein, nun ist’s genug.‹ Weißt du was? Wir wollen um meine Knüppelchen und um dein Hütchen spielen und wer gewinnt, soll Beides haben.« Da spielten sie drum, und der Maurer gewann, nahm das Hütlein und ging vergnügt heim.

Kaum war er nach Haus gegangen, so langte der König mit seinen Soldaten an, die wollten ihn gefangen nehmen. Er aber drehte sein Hütlein herum, dass es aus allen drei Ecken schoss, und die Soldaten alle totmachte. Da der König sah, wie unbezwingbar der Maurer war, versprach er ihn in Ruhe zu lassen, und der Maurer setzte sein Hütlein fest, und sprach: »Wenn ihr mich ungestört lasset, so verspreche ich euch auch, dass ich euch jedes Mal mit meinem Hütlein und meinen Knüppelchen zu Hülfe kommen will, wenn ihr in den Krieg müsst.« Von da an lebte der Maurer ungestört ein herrliches Leben, und wenn ein Krieg ausbrach, kam er dem König zu Hülfe, also, dass der König immer siegte. So blieben sie reich und getröstet, wir aber sind hier sitzen geblieben.

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