Ludwig Bechstein

Ein feines Bauernmädchen ging einst an einem Weiher vorüber, da sah es am Rande eine große dicke Kröte sitzen, die guckte so recht starr und hässlich. „Na – bei dir möcht‘ ich auch Gevatter stehen!“ rief voll Abscheu das Mädchen. Da hob die Kröte den rechten Vorderfuß in die Höhe, als wenn sie einen Handschlag geben wollte. Dem Mägdlein gruselte, und es eilte weiter.

Als abends die Jungfer in ihre Kammer trat, saß die Kröte krötenbreit mitten auf der Diele. Das Mädchen schrie. „Schreie nicht!“ sprach die Kröte. „Hast du mir nicht versprochen, bei mir Gevatter zu stehen? Ich nehme dich beim Worte! Folge mir, oder du erlebst nicht den morgenden Tag!“

In Todesangst folgte der voranhüpfenden Kröte das junge Mädchen, durchs Dorf, durch die Nacht, an den Weiher; dort war im Schiff eine Öffnung, eine Treppe führte hinunter. Die Kröte hüpfte voran, das Mädchen folgte. Drunten verwandelte sich die Kröte in eine schöne Frau und zeigte dem erstaunten Mädchen sein Patchen, ein nettes niedliches Nixenkind.

„Der Dienst soll dich nicht reuen!“ sprach sie.

Und dann begann ein großes herrliches Fest in den Räumen der unterirdischen Wasserwelt, und das junge Mädchen wurde hoch geehrt und bedient von den schönsten Nixen und herumgeführt in allen Grotten, die wie eitel Eis und Silber glänzten, und empfing endlich von ihrer Gevatterin Kröte noch drei wunderbare Gaben, deren Besitz sie lebenslänglich glücklich machte, denn sie wurde wohlbehalten wieder zurückgeführt, und hätte sie nicht morgens beim Erwachen die Gaben vorgefunden, so hätte sie geglaubt, es sei ihr alles nur im Traume begegnet.

In ihre Erinnerung aber mischte sich dem Entzücken doch auch ein geheimes Grauen, und nie in ihrem Leben vermochte sie es über sich bringen, wieder an jenem Weiher vorüberzugehen.

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