Märchen aus den Niederlanden

Ein Bauer, der nahe an der Stadt wohnte, wo er häufig Besorgungen machte, begegnete dort einmal einem Matrosen, der alles andere als fröhlich aussah. Der Bauer nahm sich die Freiheit, ihn nach seinem Kummer zu fragen, und der Matrose antwortete: »Ich habe da eine unangenehme Sache, denn ich habe Streit mit einem Wirt. Ich bin dem Mann einen Kwartje schuldig, er aber fordert von mir hundert Gulden. Vierzehn Tage lang ist die Sache hier auf dem Gericht gewesen. Bisher ist keinerlei Entscheidung gefallen, aber heute müssen wir wieder vortreten, und nun soll das Urteil gefällt werden.

Ich glaube zu wissen, wie der Richter die Sache sieht und ich fürchte, dass ich ins Unglück gestürzt werden soll, weil ich keine hundert Gulden bezahlen kann. Und dann läuft es auf eine Gefängnisstrafe hinaus. « Der Bauer fragte mitfühlend nach weiteren Einzelheiten, und der Seemann fuhr fort:
»Es sind gut fünf Jahre her, seit ich von hier aus als einfacher Matrose zur See gegangen bin. Den Abend vor unserer Abreise lief ich in ein Wirtshaus und holte dort sechs gekochte Eier, für die ich einen Kwartje bezahlen musste. Aber dann entdeckte ich, dass ich kein Geld bei mir hatte.

»Oh, das ist nicht so schlimm«, sagte der Wirt, »du kommst doch wohl noch einmal wieder. «So dachte ich mir das auch, aber ich ahnte nicht, dass unsere Abreise schon so nahe war. Am folgenden Tag ging es so hastig zu, dass ich vergaß, den Wirt zu bezahlen. Wir hatten eine unheilvolle Reise. Wir fielen in die Hände von Seeräubern und wurden gefangen genommen. Fünf Jahre lang war ich in der Fremde, bis ich, es ist nun ein paar Wochen her, hierher zurückkehrte. Einer meiner ersten Besuche galt dem Wirt, ich wollte meine Schulden bezahlen und dachte, dass es mit einem Kwartje getan sei.

Aber dem war nicht so, der Mann legte mir eine Rechnung vor, aus der hervorging, dass aus den sechs Eiern sechs Küken hätten kommen können. Diese hätten wiederum Eier legen und ausbrüten können, und die jungen hätten zusammen wieder eine Menge Eier legen können usw.

Folgt man seiner Rechnung, so brächte ihm das einen reinen Gewinn von hundert Gulden ein. Deshalb fordert er diesen Betrag von mir!«
»Und du meinst«, fragte der Bauer, »dass der Richter dich zur Bezahlung verurteilen wird?« »ja, davor habe ich Angst.« „Dann will ich dein Anwalt sein«, sagte der Bauer. »Geh zum Gericht, ich komme etwas später nach.«

Als der Matrose mit seiner Gegenpartei wieder vor dem Richter stand, kam der Bauer, ohne Hut und ohne Mantel, in den Gerichtssaal gestürmt und rief:
»Herr Richter! Darf ich vielleicht für diesen Matrosen ein paar Worte sagen?«

Dies wurde ihm zugestanden. »Aber«, sagte der Bauer, »ich habe es eilig, weil ich einen Topf Bohnen auf dem Feuer stehen habe und die muss ich, wenn sie gar sind, noch säen. «»Komm, komm«, sagte der Richter, »was bist du für ein dummer Bauer? Können gekochte Bohnen denn wachsen? »Komm, komm«, antwortete der Bauer, »was bist du für ein dummer Richter? Können aus gekochten Eiern auch Küken schlüpfen? «Und genauso hastig wie er gekommen war, verschwand er auch wieder.

Der Matrose wurde freigesprochen.

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