Es war einmal ein Derwisch, der weissagte aus Zauberbüchern und reiste in der ganzen Welt umher. So kam er nun an einen Ort in das Haus einer Witwe und blieb außerhalb desselben und sagte zu ihr, wenn sie Brot habe, möge sie ihm zu essen geben. Er hatte aber gar kein Brot nötig, sondern wollte sehen, ob sie arm oder reich sei. Die Witwe sagte zu ihm: »Mein Derwisch, ich bin arm, ich habe kein Brot, ich habe nichts und bin traurig, dass auch mein Kind hungert und ich nichts habe, um ihm zu essen zu geben. « Da nahm der Derwisch Brot aus seinem Rucksack und gab auch dem Knaben und der Witwe, und sie aßen.
Als der Derwisch das Brot gegessen hatte, sagt er zu der Witwe: »Willst du mir deinen Knaben geben, dass ich ihn in den Wissenschaften unterrichte?« Sagt zu ihm die Witwe: »Ich gebe ihn dir, nimm ihn!« Der Derwisch nahm den Knaben und ging auf einen Berg.
Er ließ den Knaben Holz sammeln, um ein Feuer anzuzünden, und wirft Räucherwerk ins Feuer und räucherte und las auch in seinem Buche. Wie er sein Buch las, öffnete sich in einem Felsen eine Pforte, und der Derwisch sagt zu dem Knaben: »Tritt ein und fürchte dich nicht: es ist dort ein Schrank, den sollst du öffnen; darin ist eine kleine Laterne, die sollst du mir bringen. Du wirst dort wunderbare Dinge sehen, beachte sie aber nicht, weil sonst die Stunde vorübergeht und dann die Pforte sich schließt und du dann nicht mehr herauskannst. Länger als eine Stunde darfst du nicht bleiben.«
Als der Knabe in den Felsen eingetreten war, kam er in eine Höhle hinab, die dort war. Er sah wunderbare Dinge, Mädchen, die spielten und allerlei andere herrliche Dinge zeigten. jener sah den Spielen zu und vergaß, was der Derwisch ihm gesagt hatte, er solle nicht länger als eine Stunde bleiben; und die Pforte schloss sich. Der Knabe ging und nahm die `Laterne und geht zu der Pforte und findet sie geschlossen und er kehrte in die Höhle zurück, um eine Stelle zu finden, wo er durchkönnte.
Als er in die Höhle zurückgekehrt war, sah er ein Pferd, das fraß Knochen, und eine,. Hund, der fraß Stroh. Da lief der Knabe und nimmt die Knochen und setzt sie dem Hund vor und das Stroh dem Pferd. (In jener Zeit sprachen die vierfüßigen Tiere noch.) Sagt zu ihm das Pferd und der Hund: »Was suchst du hier?« Er sagt zu ihnen: »Ein Derwisch hat die Pforte geöffnet und mich hineingeschickt und dann sie geschlossen und ist davongegangen.« Sagt zu ihm das Pferd und der Hund: »Dieser Derwisch ist es, der uns tyrannisiert und dem Pferd Knochen gab und dem Hund Stroh und uns nicht die uns gewohnte Nahrung gab. Wegen des Dienstes, den du uns geleistet hast, wollen wir dich führen; fürchte dich nicht! Was hat er gesagt, dass du von hier holen sollst?« Er sagt: »Eine Laterne.« – »Hast du die Laterne geholt?« – »Ich habe sie geholt.« – »Wohlan also, da wo die Mädchen sind und spielen und tanzen, sage zu ihnen, sie möchten dir eine Kerze anzünden, und bringe sie zu uns hierher!«
Der Knabe ging und sagte es den Mädchen, und sie gaben ihm eine angezündete Kerze, und er brachte sie dem Pferd und dem Hund. Das Pferd zündet die Laterne an, und es erscheint ein Löwe. Der Löwe sagt: »Was willst du, Gebieter?“ – »Ich will von hier weg.« – »Nimm das Brett aus dem Schrank heraus, und wenn du es zu dir genommen hast, wirst du mit einmal eine Stelle zum Hinabsteigen in den Fluss finden. Du musst das Brett auf das Wasser des Flusses legen und dich auf das Brett setzen, und es wird dich in eine wüste Gegend bringen.«
Kehren wir jetzt zu dem Pferd und dem Hund zurück! Sagt das Pferd zu dem Knaben: »Nimm ein Haar aus meinem Schwanz und mache es zu deinem Amulett, das du bei dir trägst, so dass es niemand weiß, und wenn du irgend etwas nötig hast, wirf es ins Feuer, und sogleich werde ich vor dir stehen, dir zu helfen.« Auch der Hund sagt zu ihm: »Schneide auch mir etwas ab, um es zum Amulett zu machen, und wenn ich dir nötig bin, so brauchst du nur ein Haar im Feuer zu verbrennen, und ich werde vor dir stehen.«
Gehen wir nun zu dem Knaben, der das Brett trug und in den Fluss hinabstieg. Er zündet die Laterne an, und der Löwe kommt herbei er fragt: »Gebieter, was willst du?,< – »Hier ist Nacht, der Fluss ist groß; was soll aus mir werden?« – »Lege das Brett ins Wasser und setze dich darauf, so wird es dich in eine wüste Gegend bringen.« Der Knabe tut das also und stieg in einer wüsten Gegend aus, und da er allein war, begann er sich zu ängstigen. Da zündet er Feuer an und verbrennt das Haar des Pferdes, und das Pferd erscheint sogleich und sagt zu ihm: »Was willst du, Gebieter?« – »Bringe mich zu meiner Mutter!« – »Rufe auch den Hund, weil er uns nötig ist!« Und er verbrennt ein Haar des Hundes, und es erscheint mit einmal auch der Hund. »Was willst du, Gebieter?« – »Bringe mich mit dem Pferd in das Haus meiner Mutter!« – »Eh, gehen wir!«
Auf ihrem Wege begegneten sie wilden Tieren, die den Knaben fressen wollten, und der Hund stürzte sich auf sie und würgte sie, und das Pferd auch und schlug gegen sie aus. Sie kamen zu seiner Mutter. Da sprach das Pferd mitsamt dem Hund zu dem Knaben: »Gehen wir an unsern Ort, wo wir leben, denn du brauchst uns nicht mehr.«
Da fragt die Mutter den Knaben: »Was ist mit dir geworden in der langen Zeit, die dich der Derwisch suchte? Ich sagte ihm, dass du nicht gekommen seist, aber er war wütend.« – »Ich werde dir den Derwisch zurichten … « Er zündet die Laterne an, es erscheint der Löwe und sagt zu ihm: »Was willst du, Gebieter?« – »Ich will reichlich Geld, denn ich will suchen, die Königstochter zu heiraten. « Sagt zu ihm der Löwe: »Es wird dir gelingen, sie zu bekommen, aber du wirst in große Gefahren geraten, aber da du das Pferd und den Hund zu Freunden hast, so werden sie dich vielfach unterstützen, da sie den Derwisch zu ihrem Feind haben, weil er dem Pferde Knochen gab und dem Hunde Stroh. « Sagt zu ihm der Knabe: »Das Brett, das ich holte, ließ ich im Fluss; geh und bringe es mir!« Sofort brachte es der Löwe. Das Brett war von Gold und hatte oben Diamanten. Er löschte die Laterne aus, und der Löwe verschwand. Als der Löwe verschwunden war, nahm der Knabe die Diamanten heraus und verkaufte sie. Er brachte dadurch Geld im Überfluss zusammen und nahm seine Mutter, und sie reisten nach Konstantinopel, um nicht den Derwisch zu treffen.
Auf dem Weg, den sie gingen, begegneten ihnen Räuber und nahmen ihm das Geld ab, aber die Laterne nahmen sie ihm nicht, weil sie ihren Wert nicht kannten. Als die Räuber abgezogen waren, zündet, er die Laterne an, und mit einmal erscheint der Löwe und sagt zu ihm: »Was willst du, Gebieter?« – »Siehst du nicht, was mir die Räuber getan haben, dass sie mir mein Geld genommen haben?« – »Rufe das Pferd, damit deine Mutter reitet und ihr nach Konstantinopel kommt und dein Geld sich verdopple. Ihr werdet in der Stadt einen Derwisch aufsuchen; der hat ein Haus zu vermieten.« Als das Pferd gekommen war und seine Mutter sich darauf gesetzt,, hatte und sie nach Konstantinopel gekommen waren, wusste das Pferd das Haus des Derwischs und blieb außen vor der Tür stehen; und seine Mutter stieg ab, und sie pochten mit dem Türring an. Kommt der Derwisch heraus und sagt zu ihm: »Was suchst du hier, mit deiner Mutter?« Sagt der Knabe: »Ich bin Kaufmann und gekommen, ein Haus zu mieten und mich hier niederzulassen und mein Geschäft zu besorgen.« (Dieser Derwisch war aber der Anführer der Räuber.) Sagt der Derwisch zu ihm: »Zehn Pfund will ich monatlich für das Haus.«-»Ich werde dir zehn Pfund monatlich geben.« Der Derwisch übergab dem Knaben das Haus und ging weg. Der Knabe zündet die Laterne an, und es kommt der Löwe und sagt zu ihm: »Gebieter, was willst du?« »Du sagtest mir, dass mir das, Geld, das mir die Räuber genommen haben, doppelt zurückgegeben werden würde, und jetzt habe ich keine Pendara und weiß nicht, was aus mir werden soll. « Sagt zu ihm der Löwe: »Eben hier in der Wohnung ist all dein Geld.« – »Eh, aber ich weiß nicht, wo es ist. zeige es mir! « Sie stiegen in den Keller hinab, und er zeigte ihm ungeheuer, ‚ viel Geld, denn der Löwe wusste, dass der Derwisch der Anführer der Räuber war; und sie nahmen alles Geld und vergruben es dort. Darauf sagt der Löwe zu dem Knaben: »Der Hund wird dir hier“, nützlich sein, schaffe ihn her, und das Pferd, und behalte sie bei dir und gib jedem das ihm gewohnte Futter!« Der Knabe verbrannte das Haar des Hundes und des Pferdes, und es erschienen auch die beiden. Sagt der Löwe zu dem Knaben: An fünfzehn Tagen wird der Derwisch kommen, um von dir die Miete einzufordern; du musst ihm dann sagen, er solle abends kommen, damit du es ihm gibst, denn am Tage passe es dir i nicht. Wenn er abends kommt, gibst du,. ihm seine Miete für fünfzehn Tage die fünf Pfund und wenn er des Nachts das Haus verlässt, so musst du den Hund loslassen, dass er ihn verschlinge außerhalb des Hauses auf der Straße.« So sprach der Löwe, so machte es der Knabe, und der Hund verschlang den Derwisch auf der Straße, und er starb.
Der Derwisch hatte Brüder und Schwestern, ganz arme, die litten Hunger, und der Derwisch hatte ihnen niemals geholfen. Und als sie ihren Bruder, den Derwisch, begraben hatten, verkauften sie das Haus, und der Knabe kaufte es für zweitausend Pfund. Da waren also des Löwen Worte erfüllt, da der Knabe reich geworden war und das Geld doppelt erlangt hatte, das ihm die Räuber genommen hatten.
Er war aber unbekannt in der Stadt und besuchte die großen Lokale, Kaffeehäuser, Konditoreien, Bierhallen und dergleichen und gab ungeheures Geld aus; und die Konstantinopler staunten über den Reichtum des fremden Kaufmanns. Da war ein König von Konstantinopel, der hatte eine einzige Tochter, und sein Minister hatte einen einzigen Sohn; und der Minister wollte, dass sein Sohn die Königstochter heirate. Auch der König war damit einverstanden, dass er sie heirate. Aber da es damals so Sitte war und keine königliche Heirat stattfand, ohne dass der königliche Rat berufen wurde und darüber beschloss, so konnte er sie ihm nicht geben, ohne dass der Rat Beschluss fasste. Der Rat beschloss, dass er sie nicht heiraten dürfe, weil er Minister war und nicht von königlichem Blut abstammte. Dies hörte nun damals der Kaufmann, und er beschloss, vom König die Königstochter zur Frau zu verlangen.
Er zündet die Laterne an, und siehe da, der Löwe steht vor ihm und sagt zu ihm: »Was willst du, Gebieter?« – »Ich will die Königstochter heiraten.« – »ja, du wirst sie bekommen, aber du wirst viele Leiden erdulden; aber da du das Pferd und den Hund hast, so werden sie dir helfen. Verlange von mir, was du Willst, denn ich gehe wieder weg«, sagte der Löwe zu ihm. »Du sollst mir neununddreißig Sklavinnen bringen aus einer solchen Gegend, dass sie hier unbekannt sind, junge und schöne, und je sechs Anzüge für jede, die besser sein sollen als die der Königin; ferner sollst du mir noch zwölf Anzüge bringen, die besser seien als die der Königin, und wie sie noch keine Königin in der Welt getragen hat; sechs Paar Fingerringe für meine Mutter mit Diamantsteinen daran, und für die Dienerinnen je ein paar Fingerringe von geringerem Wert als die meiner Mutter!« Der Löwe brachte sofort alles, was der Jüngling gesagt hatte.
Dieser betrieb sein Geschäft im großen und sandte Waren nach allen Ländern. Als er ein Jahr lang in Konstantinopel gehandelt hatte, erstaunte die Stadt über seinen Reichtum, und man zischelte, dass er von königlichem Blute sei. Eines Tages ritt er auf goldenem Sattel und kam zweimal am königlichen Palast vorüber; und es sah ihn der Rat der Zwölf und die Königin mit der Königstochter und der König. Da fragte der König mit der Königin die Dodekada, die Zwölfer: »Wer ist dieser Mensch, der da vorbeikommt?« Sagt die Dodekada: »Das ist der Kaufmann, der hier ist und von dem man zischelt, dass er von königlichem Blute sei.“ Der Kaufmann führte noch drei Reiter mit sich, den einen auf der einen Seite, den andern auf der andern Seite und den dritten voraus, und seine Kleider erglänzten. Da schreibt nun der König offiziell an ihn, er möge in den Palast kommen, da er mit ihm sprechen wolle. Als der Jüngling den Brief erhalten hatte, schreibt er in feierlicher Form wieder, er danke dem König und werde in den Palast kommen, um ihn zu begrüßen. Dann macht er sich zurecht und nimmt wieder andere Reiter mit noch besseren Kleidern angetan mit sich, und das Pferd mit einem noch bessern Sattel und mit Diamantringen an den Händen. Er ging also in den Palast, und der Rat der Zwölf kam herunter und empfing ihn, und der Jüngling steigt vom Pferde, und sie führen ihn hinauf zum König. Er begrüßte den König und der König ihn. Es fragte ihn der König: ~>Aus welchem Lande bist du, Herr?« – »Ich bin aus dem Lande Amerika.« – »Was suchst du hier in Konstantinopel?« – »Ich bin hierher als Kaufmann gekommen. « – »Wirst du viele Jahre hier bleiben?« – »Das wird sich nach den Umständen richten.« – »Bist du verheiratet?« – »Nein, ich bin es nicht.« – »Hast du eine Mutter?« – »Ich habe eine Mutter; sie ist zu Hause.« »Ist es möglich, dass deine Mutter kommt, die Königin zu begrüßen?« – »Jawohl, mein König!« – »Schicke sie den Sonntag her!« Der Jüngling stand auf, verabschiedete sich vom König und der Dodekada und ging weg.
Der Dodekada samt dem König und dem Ministerium schien die Sache sonderbar mit diesem reichen Jüngling, und sie sagten, er sei nicht aus Amerika, sondern er sei aus irgendeinem andern Lande, und habe es ihnen verheimlicht. Der erste Rat sagt, der Jüngling sei von königlichem Blut nach den Anzeichen, die er bemerkt habe, und sei gekommen, um den Kaufmann zu spielen, aber er lebe nicht von dem Geschäft. »Aber lassen wir das jetzt, und am Sonntag, wenn e seine Mutter hierher schickt, werden wir erfahren, was er für ein Mensch ist.« Am Sonntag schickte er seine Mutter hin zu Pferde auf einem Ross mit goldenem Sattel sowie die neununddreißig Sklavinnen, alle zu Pferde, und fünfzig Reiter folgten ihnen. Als sie es vom Palast aus sahen, kam die Königin mit ihren Kammerfrauen herunter, und sie gingen ihnen entgegen und begrüßten sie, und sie gingen oben in den Palast.
Lassen wir jetzt die Mutter des jungen Kaufmannes mit den Sklavinnen und mit der Königin und ihrer Dodekada und wenden wir uns zum König mit seiner Dodekada und seinem Ministerium. Als sie die Mutter des Kaufmanns und die Sklavinnen gesehen hatten, der König und sein Staatsrat und das Ministerium, erbebten sie und sagten: »Was sind das für Sachen?« Sagt der erste Rat: »Ich sagte euch ja, dass er nicht aus Amerika ist, sondern er ist irgendein Königssohn und spielt den Kaufmann, denn er zeigt doch, mein König, offen kundig, dass er von königlichem Blut ist, und mich erfasst der Gedanke, dass er von dir die Königstochter verlangen werde.« Da erboste sich der Minister, weil er wollte, dass sein Sohn sie bekomme. Lassen wir die jetzt sich so unterhalten und wenden wir uns zu de Königin! Die Königin sah die Kleider, die die Mutter des Fremden trug, dass sie besser als ihre eigenen waren, sowie auch ihre Sklavinnen; und sie geriet außer sich. Dann nach einer kleinen Weile erhob sich die Mutter des Jünglings und verabschiedete sich mit ihren Sklavinnen aus dem Palast und ritt mit ihren Sklavinnen weg.
Nach einigen Tagen fragte der erste Rat den König, wo der Palast des Kaufmanns Sei, dass er gehe, ihn zu begrüßen. Als er seinen Palast wusste, schrieb er ihm in feierlicher Form, er werde kommen, ihn zu begrüßen. Als der Kaufmann den Brief des ersten Rates empfangen hatte, schreibt er ihm: »Kommet, mich zu begrüßen; Ihr werdet mich sehr ehren. « Der erste Rat ging also hin, und die Sklaven kamen herunter und empfingen ihn und brachten ihn hinauf. Der erste Rat begrüßte den Kaufmann und der Kaufmann den ersten Rat, und sie setzten sich und begannen sich zu unterhalten. Sagt der erste Rat zu ihm: »Großmächtigster, du bist kein Kaufmann, noch aus Amerika, sondern du bist von königlichem Blut. « – »Warum sagst du zu mir, Großmächtigster, dass ich kein Kaufmann sei, noch aus Amerika, sondern von königlichem Blut sei?« – »Dich überführen deine Reichtümer, dass du König bist. Verlange vom König seine Tochter; er wird sie dir geben.« – »Eh, gut, ich werbe um sie, aber ich glaube nicht, dass es gelingt. Wenn du mir also eine solche Sache vorschlägst, so danke ich dir; schlage du nun selbst als erster Rat dies vor!« Der erste Rat erhob sich, nahm Abschied und ging in den Palast. Er erzählte dies dem König, und der König sagte zu ihm: »Da der Minister um sie für seinen Sohn geworben hat und ihr und die Dodekada euch nicht entschieden habt, so sollt ihr morgen kommen, euch zu beraten und zu entscheiden, wer sie bekommen soll.«
Der Jüngling überlegt, was geschehen werde. Am andern Tage machte die Dodekada eine Sitzung in dem königlichen Palast, und sie erörterten die Sache. Die meisten sagten, der Mann sei von königlichem Blut und mit der Absicht gekommen, die Königstochter zu heiraten, und er spiele den Kaufmann, um nicht zu zeigen, dass er ein Königssohn sei. Der erste Rat hatte sich mit dem Minister gezankt und wollte nicht, dass der Sohn des Ministers die Königstochter bekomme, aber die ganze Dodekada wollte es, dass er sie bekomme; auch der König und die Königin wollten sie dem Sohne des Ministers geben. Da sagt der Minister zu ihnen: »Wir wollen zu ihm sagen, dass wir ihm drei Aufgaben stellen, und wenn er die drei löse, so solle er sie bekommen.« Sagen die andern: »Wir wollen ihn rufen, dass er komme und wir sie ihm mitteilen.«
Es kam also der Reiche, und sie sagten zu ihm: »Der Rat und die Dodekada haben beschlossen, dass du die Königstochter bekommen sollst, aber mit der Bedingung: wir werden eine Aufgabe stellen, und wenn du diese Aufgabe löst, so wirst du die Königstochter bekommen.« – »Eh! Sagt, was für eine Aufgabe es ist!<~ – »Du sollst auf einen Wagen steigen und an der königlichen Pforte halten, und in dem Hofe sind vierzig lebendige Hasen. Diese werde ich also des Morgens herbeischaffen, sie zählen und dir in den Wagen hineingeben, dass du sie ins Freie bringst und weidest, und des Abends sollst du sie in den Wagen tun und uns alle vierzig zurückbringen. Aber drei Tage lang sollst du sie des Morgens herausschaffen und des Abends uns alle vierzig zurückbringen.«
Der Minister mit der Dodekada ging hinunter und zählte ihm die vierzig zu, und er war in dem Wagen und nahm sie, um sie zu weiden. Als er heraus ins Freie gekommen war, ließ er sie los, und die Hasen liefen hierhin und dorthin wie ungezähmte. Er zündete die Lampe an, und siehe, da stand der Löwe vor ihm und sagte zu ihm: »Was willst du, Herr?« »Siehst du nicht, in welche Gefahr ich geraten bin, dass ich auf Hasen aufpassen soll? Wo befinden sich die Hasen?« »Habe ich dir nicht gesagt, dass du, um die Königstochter zu bekommen, in große Gefahren geraten wirst? Nimm diese Flöte und spiele darauf, und wo auch die Hasen sind, sie werden an den Wagen herankommen und weiden. « Der Jüngling spielte die Flöte, und die Hasen kamen an den Wagen heran und weideten.
Der König mit der Königin schauten mit dem Fernrohr vom Palast aus hin und sahen die Hasen alle vierzig rings um den Wagen. Da sagt der Minister: »Er wird uns die Königstochter nehmen; aber ich werde eine List gebrauchen, mein König, ich werde andere Kleider anziehen, dass ich unkenntlich werde und hingehen und einen Hasen von ihm kaufen, dass er nur neununddreißig bringt, und dann verjagen wir ihn, und mein Sohn bekommt die Königstochter.« »Eh, mache es nun so! « Der Minister ging und zog andere Kleider an und machte sich unkenntlich. Er geht und trifft den Jüngling im Wagen und sagt zu ihm: »Seid gegrüßt, mein Sohn!« »Gleichfalls, Onkelchen!« (Der Jüngling erkannte sofort, dass er der Minister war, tat aber so, als ob er ihn nicht kannte.) »Was willst du, Onkel?« »Ach, mein Kind, ich habe eine Tochter, die ist krank, und der Arzt sagte mir, ich solle einen lebenden Hasen suchen und ihn ihm bringen, dass er mir eine Arznei mache, und durch diese Arznei werde sie geheilt werden. « »Aber ich verkaufe keinen Hasen. « »Verkauf e ihn mir und nimm, was du willst!« »Ich will kein Geld, aber wenn du willst, dass ich dir drei Ohrfeigen ins Gesicht versetze, so will ich dir den Hasen geben.« Der Minister damit jener nicht die Königstochter bekäme stellte sich hin, und der versetzte ihm drei tüchtige Ohrfeigen ins Gesicht, und er nahm den Hasen und ging in den Palast und sagt: »Da! Ich habe ihm den Hasen abgenommen; er wird am Abend nur noch neununddreißig bringen.« Da zündet der Jüngling seine Laterne an, und der Löwe erscheint und sagt zu ihm: »Was willst du, Gebieter?« »Sie haben mir den Hasen genommen, und ich werde die Wette verlieren. « »Eh, hast du zu deinem Vergnügen den Hasen verloren? Siehe, da kommt der Jäger und trägt einen lebenden Hasen. Rufe ihn an und kaufe den Hasen und tue ihn unter die andern! « Er ruft den Jäger und sagt zu ihm: »Trägst du einen lebenden Hasen?« »Allerdings.« »Wie viel Piaster willst du?« »Fünf zehn. « » Lasse ihn unter die andern Hasen! « Er gibt ihm die fünfzehn Piaster, und der Jäger geht weg. Darauf bläst der Jüngling die Flöte, und die Hasen springen in den Wagen, und er selbst steigt hinein und fährt nach dem Palast des Königs. Der erste Rat kommt herab mit dem König und der ganzen Dodekada und dem Minister, und der Jüngling sagt zu ihnen: »öffnet das Tor und zählt die Hasen! « Sie öffneten das Tor und zählten die Hasen, und es waren vierzig. Sagt der Minister: »Es sind nur neununddreißig.« Der Reiche sagt: »Es sind alle vierzig«, und die ganze Dodekada sagt: »Es sind alle vierzig.« Der Jüngling wünschte gute Nacht und steigt in den Wagen und fährt nach Hause.
Sagt der König zu dem Minister: »Bist du nicht gegangen, den Hasen zu kaufen?« »Bei Gott, mein allergnädigster König, ich habe ihn gekauft und habe ihn noch zu Hause.« Sagt der König: »Ich werde morgen gehen.« Sagt der Minister zu ihm: »Gut, gehe!« Den andern Morgen geht der Jüngling nach dem königlichen Palast, und sie übergeben ihm wieder die vierzig Hasen, und er geht, sie zu weiden. Der König verkleidet sich und geht und verlangt von dem Kauf Mann, dass er ihm einen Hasen verkaufe. Wie es dem Minister erging, so erging es dem König (denn der Jüngling erkannte, dass es der König war); und so nahm er den Hasen und ging ab und kam in den Palast und sagt: »Ich habe ihm den Hasen genommen.« Der Jüngling spielt die Flöte, und die Hasen versammeln sich bei dem Wagen, und während der Zeit kam der Jäger vorbei und trug einen lebenden Hasen, und er gibt ihm einen Taler und er lässt den Hasen unter die andern. Mittlerweile wurde es Abend, und er tut die Hasen in den Wagen und bringt sie zum Palast. Und die Dodekada nebst dem König, dem Minister und dem ersten Rat kommt herab, und sie zählen die Hasen und finden alle vierzig vor. Der König sagt: »Neununddreißig! « Sagt der erste Rat mit der Dodekada: »Nein, es sind alle vierzig, mein König. « Der Reiche fuhr wieder ab mit seinem Wagen und begibt sich nach Hause. Der König schämt sich vor dem Minister und der Minister vor dem König, weil sie wissen, wie es ihnen ergangen ist.
Sagt die Königin zu ihnen: »Ich werde morgen gehen, den Hasen zu holen. « Sagt der König zu ihr: »Ich halte es für besser, Königin, dass du nicht gehst.« Am andern Morgen kam wieder der Reiche in den Palast, und sie zählten ihm die vierzig Hasen zu, und er nimmt sie und geht, sie zu weiden. Die Königin verkleidete sich und ging, den Hasen zu kaufen. Sie sagt zu ihm: »Herr, verkaufe mir einen Hasen; ich habe nämlich Kinder, die sind krank, und die Ärzte haben mir gesagt, ich solle einen lebenden Hasen holen, dass sie mir eine Arznei machen und sie geheilt werden. « – »Du bist arm, Tante, und hast nicht genug, einen Hasen zu kaufen.« – »Eh, wie viel kann der Hase kosten?« – »Diese Hasen sind teuer, denn sie sind vom Schloß (er tut so, als ob er nicht wüßte, dass sie die Königin sei) und sind nicht zu verkaufen.« – »Eh, gib mir einen Hasen und verlange von mir so viel Piaster du willst, und wenn ich sie dir nicht gebe, so magst du mir den Hasen nicht geben.« Sagt er zu ihr: »Ich will kein Geld, sondern tritt her, dass ich dich küsse! Dann will ich ihn dir geben.« Die Königin entschloss sich, damit der Sohn des Ministers ihre Tochter erhielte und nicht jener, sich küssen zu lassen und nahm den Hasen und ging in den Palast. Als die Königin weggegangen war, kommt gerade zur Zeit der Jäger vorbei und trägt einen lebenden Hasen, und der Jüngling gibt ihm zwei Taler, und er lässt ihn unter die andern und geht ab. Der Jüngling bläst die Flöte und die Hasen springen in den Wagen, und als es Abend war, steigt auch er in den Wagen und fährt zu dem Palast. Der König und die Königin kamen mit der Dodekada, dem Minister und dem ersten Rat herab und zählen zum dritten- und letzten Mal die Hasen und finden sie wieder vollzählig vierzig. Sagt die Königin: »Neununddreißig sind es.« Der erste Rat und die Dodekada aber sagen: »Nein, es sind vollzählig vierzig. « Der Reiche hatte also gewonnen.
Sagen sie zu ihm: »Du sollst noch einen Palast in vier Monaten bauen, derart, um das ganze Heer des Königs darin unterzubringen, und du musst für sie Lebensmittel haben und noch weit mehr; gegenüber dem königlichen Palast soll er stehen und ihm gleichen!« – »Ah t Gut, ich werde es machen.« Der Jüngling ging fort und begibt sich in sein Konak und zündet die Laterne an, und daraus hervor kommt der Löwe und sagt zu ihm: »Was willst du, Gebieter?« – »Einen Palast, um das ganze Heer unterzubringen und darin die Lebensmittel für die Leute und noch mehr, und sein Gang soll so tief und breit sein, dass das Heer darin gehen und passieren kann, ohne von außen gesehen zu werden!« – »Gut, es soll geschehen!«
In vier Monaten war der Palast fertig und die Lebensmittel bereit im Palast, und er glich dem königlichen. Und der Jüngling sagte zum König: »Der Palast ist fertig und das Heer kann in ihn einziehen.« Das Heer kam und bezog ihn und war nicht darin zu sehen, und die Hälfte blieb noch leer, und es gab Lebensmittel für drei Monate. Folglich hatte der Reiche auch diese Aufgabe gelöst. Sie sagen zu ihm: »Komm morgen früh, dann werden wir dir noch eine andere Aufgabe mitteilen, die dritte und letzte. « Er kam des Morgens, und sie sagen zu ihm: »Du sollst auf den Glockenturm steigen und drei Säcke hinauf tragen und mit Lügen füllen und so die Aufgabe lösen. Er stieg auf den Glockenturm und ruft so laut er konnte: »Ich habe den Minister geohrfeigt!« Und unten das Volk, das da versammelt war, ruft: »Lügen, Lügen, Lügen!« Und er füllt den einen Sack und bindet ihn tüchtig zu und wirft ihn herab. Sie sagen: »Einer!« »Ich habe auch den König geohrfeigt«, ruft er laut. Sagt das Volk unten: »Lügen, Lügen, Lügen!« Und er bindet ihn tüchtig zu an der Öffnung und wirft ihn herab; und sie sagen: »Zwei!« – »Ich habe auch die Königin geküsst!« ruft er, so laut er konnte, und das Volk sagt von unten: »Lügen, Lügen, Lügen!« Und er füllt den dritten Sack mit Lügen und bindet auch diesen tüchtig zu und wirft ihn herab, und er kommt herunter, und sie rufen: »Die Aufgabe ist gelöst, du sollst die Königstochter bekommen. « Und er nahm sie und sie lebten glücklich, und wir noch glücklicher.
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