Johann Wilhelm Wolf
Ein reicher Herr hatte einen einzigen Sohn. Als dieser zwanzig Jahre alt war, sprach er: „Vater, ich will reisen und die Welt sehn. „Der Alte war damit zufrieden, gab ihm einen Wagen und Pferde, einen Bedienten, viel Geld und noch mehr gute Lehren und der Jüngling zog dahin.
Eines Abends kamen sie in einen großen Wald und weil es dunkel war gerieten sie vom Wege ab und gelangten zu einem kleinen Hause. Der Jüngling trat hinein und da saß eine Frau beim Feuer und kochte sich ihr Abendbrot. „Kann ich bei euch übernachten? „frug er. „Ei mit Freuden“, sprach die Frau, „setzet euch hin und tut als ob ihr zu Hause wäret. „Das war dem Jüngling gerade recht, er aß und trank nach Herzenslust, denn er hatte den ganzen Tag noch nichts in den Magen bekommen, und schlief wie ein Prinz bis die Sonne schon hoch am Himmel stand. Er sprang empor und schaute durch das Fenster in den schönen grünen Wald; da liefen Hirsche und Rehe und Hasen in ganzen Herden herum und wilde Vögel aller Arten flogen von Baum zu Baum; dazu sangen die Lerchen und Finken und Nachtigallen, dass es ihm so wohl ward wie ihm nie gewesen war und er beschloss, den schönen Wald nicht so bald zu verlassen.
Beim Frühstück frug der Jüngling die Frau, wem der Wald gehöre? „Der Wald gehört mein“, sprach sie. Da frug er weiter ob er wohl darin jagen dürfe, denn die Jagd sei seine größte Lust und Freude. „Das mögt ihr, soviel euch beliebt, doch ich rate euch, tut es nicht“, erwiderte die Frau. Er schlug den Rath aber in den Wind, denn er sah keinen Grund dazu, ergriff eine Büchse und sprang fröhlich in den Wald hinein. Da rief die Frau seinen Diener und sprach: „Geh und folge deinem Herrn schnell, so lieb dir sein Leben ist. Wenn ihr auf den freien Waldplatz kommt, dann springen drei weiße Hirsche vor euch her, doch darf dein Herr keinen schießen, übrigens mag er töten, was ihm vor den Lauf kommt. Du darfst deinem Herrn aber nicht sagen, dass ich dir dies verraten habe, sonst ist es um dich geschehen. „Der Diener dankte der Frau von Herzen für ihren Rath, denn er liebte seinen Herrn über alles.
Kaum waren Beide einige hundert Schritte im Walde fortgegangen, da wurde es lichter und immer lichter und sie kamen auf eine große Wiese, da sprang ein Bächlein lustig über weiße Kiesel und die Vögel sangen, dass dem Jüngling das Herz im Leibe hüpfte. Da raschelte es plötzlich im Gebüsch und drei prächtige schneeweiße Hirsche mit stolzem Geweih sprangen heraus und liefen quer über die Wiese hin. Der Jüngling legte an, aber ehe der Schuss noch fiel, schlug der treue Diener ihm die Flinte in die Höhe, so dass die Kugel in einen Baum fuhr und die Hirsche unversehrt davon sprangen. Der Jüngling fuhr den Diener hart an, warum er das getan habe, doch dieser entschuldigte sich und sprach, eine Biene habe ihn in die Hand gestochen und darüber sei er aufgefahren.
Sie gingen weiter und der Jüngling schoss noch allerlei Wild, aber die Freude war ihm verdorben, denn die drei weißen Hirsche wollten ihm nicht aus dem Kopfe. In dem Waldhäuschen nahm die Frau den Diener bei Seite und lobte ihn, er habe seinem Herrn das Leben gerettet. Sie trug in ihrer Freude die köstlichsten Speisen aller Art auf, schenkte Wein aus aller Herren Ländern ein und dem Jüngling gefiel es immer besser bei ihr.
Am andern Morgen griff er wieder zur Flinte und ging in den Wald. Da sprach die Frau zu dem Diener: „Geh und folge schnell deinem Herrn; wenn ihr auf den freien Waldplatz kommt, dann springen drei braune Hirsche daher, aber verhüte, dass dein Herr sie schießt, so lieb dir sein Leben ist, und verrate nicht, dass ich dir dies gesagt habe, sonst ist es um dich geschehen.“ Der Jüngling ging ganz denselben Weg, wie Tags vorher, wie sehr auch der Diener suchte, ihn anderswohin zu führen. Bald kamen sie auf die schöne Waldwiese mit dem muntern Bächlein und all den tausend Vögeln. Da raschelte es wieder im Gebüsch und drei braune Hirsche mit prächtigem stolzem Geweih setzten quer über die Wiese hin. Der Jüngling schlug an, aber zugleich gab der Diener ihm einen Stoß, dass die Kugel in die Luft pfiff. Da fuhr der Jüngling zornig auf und rief: „Wenn du dies noch einmal wagst, dann schieße ich dich nieder“; und was der treue Diener auch sagen und wie er sich auch entschuldigen mochte, Alles half nichts, sein Herr blieb dabei. Er konnte nicht verschmerzen, dass die drei Hirsche ihm durchgegangen waren, denn schönere hatte er sein Leben lang nicht gesehen.
Die Frau in dem Waldhäuschen trug heute noch viel köstlicheres Essen auf als am Tage vorher und die guten Weine aller Art standen die Hülle und Fülle auf dem Tische. Zum Diener aber sprach sie heimlich, er habe seine Sache gut gemacht und sein Herr gehe einem großen Glück entgegen.
Als der Jüngling am folgenden Morgen wieder in den Wald sprang, sprach die Frau zu dem Diener: „Gehe und folge deinem Herrn und lass ihn nur nicht schießen, wenn er heute drei schwarze Hirsche auf dem Waldplatz sieht; heute ist der gefährlichste Tag und sein Leben hängt daran; verrate mich aber nicht, so dir dein Leben lieb ist.“ Der Diener versprach ihr es willig und eilte seinem Herrn nach. Aber heute war es ihm so traurig zu Mute, er wusste selbst nicht wie und warum; der Wald schien ihm nicht mehr so schön und die Vöglein nicht mehr so lustig und das Bächlein nicht mehr so munter. Er versuchte wohl seinen Herrn einen andern Weg zu führen, aber der Jüngling wollte nicht, er hatte die drei Hirsche im Kopf und drohte dem treuen Diener: „Heute rate ich dir aber gut, stoße mich nicht, sonst geht es dir schlimm. „Also kamen sie an die Waldwiese und kaum standen sie da, da brachen drei schwarze Hirsche mit mächtigem Geweih aus den Büschen und sprangen quer über die Wiese daher. Der Jüngling schlug an, da gab ihm der treue Diener einen Ruck, die Kugel sauste in den Wald und die drei Hirsche entsprangen. „Das sollst du mir büßen“, schrie der Jüngling und lud von Neuem. Wie sehr der treue Diener auch jammerte und um sein Leben bat, Alles half nichts, der Jüngling schoss ihn in seinem Zorne nieder.
Als die blasse Leiche aber so vor ihm lag, da verrauchte der Zorn bald und die Reue kam. Vergebens rief er den treuen Diener mit hundert schönen Namen, er weinte und rang die Hände, er war tot und blieb tot. Da stürzte er wild und wie ein wahnsinniger Mann durch den Wald zurück zu dem Waldhäuschen, doch es war öd und einsam, die freundliche Frau war verschwunden. Er sattelte im Stall eins seiner Pferde, sprang darauf und ritt verzweiflungsvoll weg, wohin, das wusste er selber nicht.
Also war er in tiefster Betrübnis Stunde an Stunde dahingesprengt auf wilden Waldwegen. Die Sonne stand im Mittag und sie ging zur Rüste und der Wald wurde immer dichter; weder Dorf noch Haus war zu sehen, Hunger und noch mehr Durst quälten ihn. Die ganze Nacht ritt er fort bis an den Wipfeln der Bäume der Schein des Morgenrots wieder strahlte, da öffnete sich der Wald und er kam auf eine große Wiese, darauf sprang eine klare frische Quelle. Er bückte sich zu ihr, um seinen brennenden Gaumen zu letzen und trank lange Züge. Als er sich aber wieder erhob, da siehe standen drei wunderschöne Jungfrauen vor ihm.
Er zog seinen Hut zum Gruße ab, doch sie schauten ihn finster und zornig an und sprachen: „Du hast in deinem bösen Zorne dein Glück verscherzt und unsere Erlösung auf lange Zeit verschoben. Jetzt wärest du im goldnen Königreich, wenn du gutem Rate und freundlichen Bitten gefolgt hättest, nun aber musst du noch lange wandern und viel kämpfen, bis du dahin kommen kannst.“ Da stürzte der Jüngling vor ihnen auf die Knie und rief voll Reue: „Ich will gern Alles dulden und ertragen, wenn ich nur meine Tat wieder gut machen kann, saget mir nur was ich tun soll. „„Das ist uns nicht gegeben“, sprachen die Jungfrauen, „doch wollen wir dir beistehen, so viel uns erlaubt ist. „
Da gab die Älteste ihm ein Schwert, dem konnte nichts widerstehen und wer von ihm getroffen wurde, der sank tot zu Boden. Die zweite gab ihm eine Börse, die blieb immer mit blanken Goldstücken gefüllt, wie viel man auch herausnehmen mochte. Die Jungfrau aber, welche die Schönste war und zu der er sogleich in Liebe entbrannte, gab ihm einen goldnen Ring, dass er ihrer nicht vergesse. Dann verschwanden sie.
Jetzt fiel dem Jüngling wie ein Stein vom Herzen, er fasste sich einen frischen Muth und dachte an weiter nichts, als an das goldne Königreich und die drei Jungfrauen, besonders an die Jüngste. Er schwang sich auf sein Pferd und ritt ruhigern Sinnes in den Wald hinein. Noch war er keine hundert Schritte weit, als er ein schreckliches Zischen und jämmerliches Brüllen in dem Gebüsch hörte. Er sprang darauf zu und da war es ein scheußlicher Lindwurm, der seinen langen Schweif um einen Löwen geschlagen hatte und ihm sein Gift entgegenspie. Kurz entschlossen fasste der Jüngling sein Schwert und tat einen schweren Schlag, so dass er dem Lindwurm den Schweif abschlug und das abgehauene Stück fuhr mit solcher Gewalt in die Bäume hinein, dass es ganze Äste zerbrach. Mit einem zweiten Schlage traf er den Kopf des Drachen, so dass das Untier hinstürzte und die Zunge armslang aus dem Halse streckte. Der Löwe aber schüttelte sich und sprang vor Freuden, wie ein getreuer Hund zu seinem Befreier, drückte seinen zottigen Kopf an ihn und suchte ihm auf jede Art seinen Dank zu beweisen, folgte ihm auch seit dem Augenblicke überall hin. Da wuchs dem Jüngling der Muth, denn nun erkannte er die Kraft seines Schwertes und er ritt heiter manche Woche lang seines Weges fort bis er endlich an das Wasser Irrewellen kam, welches so groß und breit ist, dass man sein Ende gar nicht absehen kann.
Da lag am Ufer ein Schiff vor Anker und nicht weit davon stand des Schiffers Haus. Der trat heraus, größte den Jüngling und bot ihm Speise und Trank. Das nahm der Jüngling dankbar an, denn er hatte seit vielen Tagen nur von Wurzeln und Kräutern gelebt. Dann frug er den Schiffer, ob er nicht wisse, wo das goldne Königreich liege? Der Schiffer sprach: „Wenn ihr dahin wollt, dann seid ihr schlecht beraten; das liegt weit, weit jenseits des Wassers und der Riesenländer und der Weg dahin ist schwer und gefährlich, denn die Riesen fordern von jedem, der durch ihr Land will, eine Hand oder einen Fuß als Zoll.“ „Ich fürchte mich nicht vor den Riesen“, erwiderte der Jüngling, „wenn ich nur in das goldne Königreich kommen kann. „„Wenn ihr nicht anders wollt, dann fahre ich euch über“, sprach der Schiffer. Der Jüngling trat mit seinem Pferde und dem Löwen in das Schiff, der Wind blies in die weißen Segel und es flog über die Wellen dahin. Bald aber verfinsterte sich der Himmel, der Sturm erhob sich und warf das Schiff auf und nieder, wie einen Spielball, so dass man jeden Augenblick meinte, es müsse versinken, doch der Jüngling behielt seinen Muth und verzagte nicht. Nach einiger Zeit ließ der Sturm nach, es wurde wieder hell und heiter und das Schiff landete bei freundlichem Sonnenschein. Der Jüngling lohnte dem Fährmann reichlich dankte ihm und stieg ans Land.
Noch ehe er sich recht umschauen konnte, hörte er einen entsetzlichen Lärm und sah drei Riesen, welche mit eisernen Stangen auf ihn zuliefen und schrien, sie müssten seine rechte Hand zum Zoll haben. „Gemach, gemacht“ sprach der Jüngling, „das hat nicht so große Eile“ und er trat ihnen fest entgegen, schwang sein Schwert und schlug in einem Hui zweien den Kopf ab, den dritten zerriss sein Löwe und nahm ihn als Frühstück ein, aber nicht ganz, denn der Riese hatte handdickes Fett auf den Knochen und war wohl genährt. Dann sprang der Jüngling auf sein Pferd und ritt frohern Sinnes weiter durch Wald und Heide, Wiese und Weide, bis er wiederum an ein großes Wasser kam. Am Strande stand ein Haus und vor dem Hause lag ein Schiff.
Der Schiffer trat aus dem Hause als er den Tritt des Pferdes hörte, grüßte den Jüngling und bot ihm Obdach und Labsal in seinem Hause an. Der Jüngling nahm dies dankbar an, denn er hatte seit seinem Kampfe mit den Riesen nichts mehr genossen. Nach dem Essen frug er den Schiffer, wie das Wasser heiße und wo das goldne Königreich liege? „Das Wasser heißt Grausam“, sprach der Schiffer, „weil es alles verschlingen möchte, was auf ihm schwimmt und schwebt. Aber wenn ihr in das goldne Königreich wollt, dann habt ihr schlimme Wege. Das liegt weit jenseits des Wassers und der Riesenländer. Die Riesen fordern aber von jedem, der durch ihr Land will, eine Hand oder einen Fuß und ihrer sind viel, darum rate ich euch, bleibt lieber hier.“ „Ich frage nichts nach den Riesen und kämen sie auch zu Dutzenden“, sprach der Jüngling. „Wie ihr wollt, ich fahre euch gern über. „Da stiegen sie alle in das Schiff, der Fährmann zog die Segel auf und der Wind blies so günstig, dass es eine Lust war. Er blies aber mit der Zeit immer stärker und stärker, der Himmel verfinsterte sich und ein schrecklicher Sturm mit heftigem Gewitter brach los. Das Wasser wurde stets wilder, die Wellen packten ordentlich das Schiff wie mit weißen Fäusten und warfen es herum, dass dem Fährmann Hören und Sehen verging. Aber da stellte sich der Jüngling ans Steuerruder und stand fest und aufrecht da und je wilder das Wasser wurde, umso mehr Freude machte es ihm. Endlich legte sich der Sturm, die Wellen wurden immer zahmer und kleiner und zuletzt waren sie ganz still und friedlich und das Schiff glitt nur so über sie dahin. Am Lande stieg der Jüngling mit seinen Tieren aus und gab dem Schiffer überreichen Lohn. Da sprangen sechs plumpe Riesen mit schweren Eisenstangen herbei, die schrien ihm zu, er müsse ihnen seine linke Hand als Zoll geben, wenn er durch ihr Land wolle. „Sogleich sollt ihr sie haben“ rief der Jüngling, hob sein Schwert und hui sagte es, da wussten vier von den Riesen nicht mehr, wo ihnen der Kopf stand; die zwei andern nahm der Löwe zum Frühstück und fraß als ob er in acht Tagen nichts mehr bekommen sollte.
Immer weiter ging nun die Reise über Berg und Tal, bis sie an ein drittes Wasser kamen. Da lag ein mächtig großes Schiff vor Anker und am Strande stand des Schiffers Haus. Der trat heraus, grüßte den Jüngling und bot ihm Obdach und Labsal. Das ließ er sich gefallen, denn in den Bergen und Tälern war er keinem Wirtshaus begegnet und sein Magen knurrte. Nachdem er sich gestärkt hatte, frug er den Schiffer, wie das Wasser heiße und wie weit es bis zum goldnen Königreich sei? „Das Wasser heißt das Allerschlimmste“, sprach der Schiffer, „weil noch kein Schiff hat hinüber fahren können. Aber wenn man auch drüben wäre, dann hat man immer noch nicht gewonnen, denn da liegen neun Riesen, die lassen nicht mit sich spaßen; sie fordern von jedem die Füße als Zoll, der in das goldne Königreich will, und mit denen wird Niemand so leicht fertig.“ „Die Riesen kümmern mich nicht, wenn ihr mich nur überfahren wollt. „„Dazu ist mir mein Schiff und mein Leben zu lieb“ erwiderte der Schiffer, aber als der Jüngling anfing, aus der Börse blanke Goldtaler auf den Tisch zu zählen, wurde der Fährmann immer mutiger und als der Tisch vollgezährt lag, sprach er: „Nun ich will’s wagen.“
Da stieg der Jüngling mit seinen Tieren in das Schiff, der Fährmann folgte und die Segel schwollen im frischen Winde. Plötzlich aber brach der Sturm los. Das Wasser wurde wie ganz schwarz, die Wellen gingen turmhoch und packten das Schiff, als ob sie es zermalmen wollten. Dazu zischten die Blitze, so dass der Himmel wie ein Feuermeer schien, der Donner folgte sich Schlag auf Schlag, kurz es war als solle die Welt untergehen. Der Schiffer jammerte und schrie, die Tiere wimmerten vor Angst, nur der Jüngling war ruhig und kalt. Als der Schiffer zuletzt gar Alles verloren gab, als die Segel rissen, der Mast brach, und keine Rettung mehr möglich schien, da fasste er das Steuerruder und hielt an demselben aus, bis die Wut des Sturmes sich legte, die wilden Wasser sich ebneten und die Sonne wieder hinter den Wolken hervortrat. Da lag das Riesenland vor ihnen, der Jüngling beschenkte den Fährmann noch einmal reichlich und machte sich mit seinen Tieren auf den Weg.
Er war nicht weit gegangen, da kamen die neun Riesen schon herangepoltert, schwenkten ihre dicken Eisenstangen über den Köpfen und schrien alle durcheinander: „Deine Füße müssen wir als Zoll haben! Her deine Füße! Deine Füße her!“ „Ei schreit nicht so toll, ich höre es ja schon“, rief der Jüngling. „Wer will meine Füße haben? „„Wir wollen sie haben“, schrien die vier Ersten und wollten über ihn herfallen, aber hui sagte das Schwert und da waren sie alle vier mäuschenstill. Dann lief er zu den fünf andern, die nicht so schnell gelaufen waren, hui pfiff das Schwert und da lagen wieder drei da, die zwei letzten nahm der Löwe zum Mittagsbrot und fraß, dass er nicht mehr von der Stelle konnte.
Voller Freude schaute der Jüngling um sich und da lag in der Ferne eine wunderschöne Stadt, die strahlte und leuchtete in der Sonne wie reines Gold. Er ruhte einen Augenblick aus, dann spornte er sein Ross und sprengte auf die Stadt zu, aber je näher er kam umso weniger konnte er den Glanz aushalten. „Das muss das goldne Königreich sein“ sprach er, „oder ich finde es nie“, und er hatte Recht, denn es war die Hauptstadt vom goldnen Königreich.
Als er hinein kam, suchte und fragte er zuerst nach dem Königsschloss; dann kehrte er in einem Wirtshaus ein, welches dem Schlosse grade gegenüber lag. Da hörte er von dem Wirth, dass im Schlosse drei schöne Prinzessinnen seien, sie wären aber verwünscht und könnten nur durch den Bräutigam der Jüngsten erlöst werden; der wohne noch jenseits der drei Meere und der Riesenländer und es sei eine große Frage, wann er komme. Der Jüngling frug weiter, wie der Bräutigam die Erlösung vollbringe, das Schloss sei ja immer geschlossen und man sähe ihm nicht an, dass ein lebendes Wesen darin wohne. Sprach der Wirth, wenn der Bräutigam im rechten Wagen und mit den rechten Pferden zu dem Schlosse fahre, dann werde es sich öffnen, weiter wisse er nichts.
Nun wusste der Jüngling genug, denn es war klar, dass nur er der Bräutigam sein konnte. Am folgenden Tage tat die Börse ihre Schuldigkeit, er kaufte einen schwarzen Wagen und sechs schwarze Rosse, nahm viele Diener an und kleidete alle schwarz; also fuhr er auf das Schloss zu. Als der Wagen in die Nähe des Tores kam, sprang es auf und da kam er in den großen Schlosshof. Der war aber öde und einsam und alle Türen und Fenster gesperrt; nur dem Thor gegenüber war ein zweites Thor, das war auch offen. Der Jüngling befahl dem Kutscher hindurch zu fahren, denn er glaubte in einen zweiten Hof zu kommen, aber er fand sich auf der Straße und das Thor schlug hinter ihm zu.
Da sah er, dass dies der rechte Wagen und die rechten Pferde nicht waren. Er kaufte sich nun einen prächtigen braunen Wagen mit sechs braunen Pferden, kleidete auch alle seine Diener braun und fuhr wieder auf das Schloss zu. Das große Thor sprang vor dem Wagen auf und der Wagen rollte in den Schlosshof. Da war es wiederum ganz still und einsam, nur waren die Fenster alle offen, so dass man in die prächtigen Zimmer sehen konnte, doch die Türen blieben geschlossen und keine lebende Seele zeigte sich. Da befahl er dem Kutscher, durch das zweite Thor zu fahren und als er kaum hindurch war, schlug es hinter dem Wagen zu.
Am folgenden Tage kaufte er sich einen schneeschloßenweißen Wagen mit sechs Schimmeln, kleidete alle seine Diener weiß und fuhr also nach dem Schlosse. Da sah er von weitem schon das große Thor sperrangelweit offen, auf dem Dache flatterten die Fahnen und die Kanonen schossen als er näher kam, dass der Erdboden zitterte. Als er hinein fuhr scholl ihm Musik entgegen von Pauken und Trompeten und der ganze Hof stand voll prächtig gekleideter Herren und Frauen und Diener; die schlossen seinen Wagen auf und empfingen ihn ehrerbietig, um ihn ins Schloss zu führen. Da stand an der Treppe der König mit seiner Krone auf dem Haupte, drei wunderschöne Jungfrauen zu seiner Seite. Die Jüngste und schönste aber eilte dem Jüngling entgegen und sprach: „Sei gegrüßt, mein Erlöser und Geliebter! „Sie küssten sich und wurden zur Stunde mit einander vermählt und waren in treuer Liebe glücklich ihr Leben lang.
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