Ein armer Handwerksbursche kam auf der Wanderschaft durch Nürnberg, und da ihn hungerte und er noch ein paar Zehrpfennige in der Tasche hatte, so trat er in das nächstbeste Wirtshaus und gedachte, dort zu Mittag zu essen. Es war aber die „Goldene Gans“, und er merkte, als er im Saal war, gleich, dass er in ein äußerst vornehmes Haus geraten war, getraute sich jedoch nicht, wieder hinauszugehen, und blieb, als die Gäste sich zur Mahlzeit an die gedeckten Tische begaben, verlegen und bedrückt hinter dem Ofen sitzen.
„Nun, mein Guter“, redete ihn der Wirt freundlich an, „willst du nicht auch hersitzen und mithalten?“ Er fürchte, entgegnete der Handwerksbursche, dass es zu eng geworden sei, und er bleibe wohl besser, wo er sei. Aber der Wirt wollte das nicht gelten lassen. „Komm nur her“, sagte er, „ich mache dir schon Platz“. Und da wirklich alle Tische besetzt waren bis auf eine Tafel, an der einige reiche Bürger und Kaufleute zu speisen pflegten, die er gut kannte, so bat er diese, ein wenig zusammenzurücken.
Der Geselle setzte sich also auf ein Bänkchen am unteren Ende, und es ward aufgetragen, ein Gang köstlicher als der andere. Aber er schämte sich und blickte, da ihn niemand zulangen hieß, mit heißen Augen auf seinen Teller nieder. Als man aber endlich gar sein Leibgericht auftrug, nämlich eine große Schüssel voll gebackener Fische, und ihn wiederum keiner nötigen wollte, so raffte er sich auf, nahm den kleinsten Fisch, der gerade vor ihm lag, vorsichtig von der Platte, stellte sich, als ob er mit ihm zu reden hätte, und hielt ihn sich danach mit dem Maul ans Ohr, als wolle er hören, was er zu antworten wisse; worüber die Tischgenossen sich nicht wenig wunderten.
„Lieber Freund“, sagte einer der Kaufherren, „was sind das für Tischgebräuche? Warum haltet Ihr Euch den Fisch ans Ohr?“ Der Handwerksbursche tat, als rücke er nicht gerne mit der Sprache heraus. „Liebe Herren“, sagte er nach einer Weile, „ich habe eben etwas mit ihm zu reden gehabt, wollt euch durch das nicht beirren lassen.“ Als sie nun aber erst redet in ihn drangen, sagte er, auf das Tischtuch starrend: „Mein Herzensvater, ihr lieben Herren, ist mir vor einigen Jahren unweit von hier in der Pegnitz ertrunken. Ich habe nun das Fischlein hier gefragt, ob er ihn nicht irgendwo gesehen habe. Nein, sagte es, es sei noch zu klein dazu, ich möchte seine Eltern fragen, die könnten mir vielleicht Bescheid geben.“ Da lachten die Bürger von Herzen und legten ihm gleich die Eltern auf den Teller, zwei schöne große Karpfen, nach denen er wehleidig geschielt hatte, zahlten ihm auch am Ende seine Zeche und ließen ihn fröhlich seiner Wege ziehen.
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