Belgisches Volksmärchen


Es war einmal ein alter Mann, der war sehr arm. Ein kleines Huhn und ein großer Sack waren alles, was er besaß. Er ging von einem Dorf zum andern und erbettelte sein Brot.

Eines Abends kam er zu einem Haus und pochte an die Tür.
„Wer ist da?“ – „Baptist.“ – „Und was will er?“ – „Ein Plätzchen zum Übernachten für sich und sein Huhn.“ – „Hör zu, Baptist, für dich hätten wir schon ein Plätzchen; aber Hühnerhofhaben wir keinen, wir haben nur Gänse.“- „Das macht nichts, tut das Huhn nur zu den Gänsen.“

Am Morgen, als Baptist aufgestanden war, wollte er sein Huhn holen; aber die Gänse hatten das arme Tier zu Tode gebissen. „Sie haben mein Huhn getötet“, jammerte Baptist, „und ich hatte nichts als dieses Huhn.“ – „Da können wir nichts dafür, das siehst du doch ein?“ – „Natürlich könnt ihr was dafür. Ich geh zum Schulzen und verklage euch.“ – „Sei doch still, Baptist; da, nimm eine Gans, und lass dich nie wieder blicken.“

Baptist tat die Gans in seinen Sack und ging weiter. Am Abend kam er in ein anderes Dorf, er ging auf ein Haus zu und klopfte an die Tür.

„Gänse haben wir keine, aber du kannst ja deine Gans zu den Schweinen tun.“
Am Morgen, als Baptist aufgestanden war, wollte er die Gans holen, aber die Schweine hatten sie getötet und gefressen.

„Sie haben meine Gans gefressen“, jammerte Baptist, „und ich hatte nichts als diese Gans.“ – „Da können wir nichts dafür, das siehst du doch ein?“ – „Natürlich könnt ihr was dafür. Ich geh zum Schulzen und verklage euch.“ ~ „Sei doch still, Baptist; da, nimm eins von unsern Schweinen, und lass dich nie wieder blicken.“

Baptist war es zufrieden und zog mit seinem Schwein ab. Am Abend kam er in ein anderes Dorf.

„Schweine haben wir nicht; aber vielleicht kannst du das Schwein in den Kuhstall tun.“

Am Morgen, als Baptist aufgestanden war, wollte er sein Schwein holen, da hatten es die Kühe so malträtiert mit ihren Hörnern, dass es tot war.

„Sie haben mein Schwein getötete. jammerte Baptist, „und ich hatte nichts als dieses Schwein.“ – „Da können wir nichts dafür, das siehst du doch ein?“ – „Natürlich könnt ihr was dafür. Ich gehe zum Schulzen und verklage euch.“ – „Sei doch still, Baptist; da, nimm eine von unseren Kühen, und lass dich nie wieder blicken.“

Am Abend kam Baptist zum Haus eines Pferdehändlers.

„Ich habe keine Kuh, aber du könntest ja deine Kuh in den Pferdestall stellen.“

Am Morgen hatten die Pferde die Kuh so zugerichtet, dass sie tot war.

„Sie haben meine Kuh getötet“, jammerte Baptist, „und ich hatte nichts als diese Kuh.“ – „Da können wir nichts dafür, das siehst du doch ein?“ – „Natürlich könnt ihr was dafür. Ich gehe zum Schulzen und verklage euch.“ – „Sei doch still, Baptist; da, nimm ein Pferd, und lass dich nie wieder blicken.“

Baptist war zufrieden. Er legte seinen Sack auf den Rücken des Pferdes, stieg auf und dachte: „Da hab ich nun ein schönes Pferd, wenn ich es verkaufe, so kann ich von dem Gelde bequem leben.“

Am Abend kehrte er in einer Herberge ein und befahl, man solle sein Pferd in den Stall stellen und gut pflegen. Als aber die Magd das Pferd zum Brunnen führte, um es zu tränken, glitt das Pferd auf dem vereisten Boden aus – es war sehr kalt gewesen in der Nacht – und brach sich ein Bein. Baptist fing an zu jammern und zu schimpfen.

„Da können wir nichts dafür, das siehst du doch ein?“ – „Natürlich könnt ihr was dafür, eure Magd ist schuld daran. Ich gehe zum Schulzen und verklage euch.“ – „Sei still, Baptist; da, nimm die Magd als Ersatz für dein Pferd.“

„Gut, ich nehme sie mit.“ Und er schob sie in seinen Sack und trug sie auf seinem Rücken fort.

Am Abend kam er zu einem Haus.
„Wer ist da?“ – „Baptist.“ – „Was will er?“ – „Ein Plätzchen zum Übernachten für sich und seinen Sack.“ – „Hör zu, Baptist, für dich hätten wir schon ein Plätzchen; aber deinen Sack stell da hinter die Tür.“

Baptist tat es, stieg die Treppe hinauf und legte sich schlafen.

Die Hausfrau hatte an diesem Abend Eierkuchen gebacken für ihre Kinder, und so fragte sie: „Wer hat seinen Eierkuchen noch nicht bekommen?“ -“Ich habe noch keinen, Madam“, sagte eine Stimme hinter der Tür. Da wunderten sich die Leute, wer da gesprochen habe, und sie guckten hinter der Tür nach und merkten, dass die Stimme aus dem Sack kam. Sie banden ihn auf und ließen die Magd heraus. Diese erzählte, wie sie in den Sack gekommen war. Da versteckten die Leute die Magd, legten Steine in den Sack und Grasbüschel und Erdklumpen und – Frösche und Ratten.

Am andern Tag nahm Baptist seinen Sack wieder auf den Rücken und ging weiter. Er murmelte vor sich hin: „Jetzt trag ich dich, aber bald wirst du mich tragen.“ Und gegen Mittag, als es ihm zu heiß wurde, warf er den Sack auf den Boden und sagte: „Bis zur Stunde hab ich dich getragen, jetzt sollst du mich tragen, die Reihe ist an dir.“ Er band den Sack auf und all die Frösche und Ratten rannten auf und davon.

Da hatte Baptist gar nichts mehr, und er musste allein weiterziehen.

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