Märchen aus Asien
Ein reicher und angesehener Mann lebte in Eintracht und inniger Liebe mit seiner guten und schönen Frau.
Eines Tages sagten sie: »Wir wollen uns einen Sklaven kaufen, der uns bediene.« Als dann der Mann bei einem Ausrufer einen Sklaven zum Verkaufe ausstehen sah, wollte er ihn kaufen.
Doch der Ausrufer sagte: »Der Fehler dieses Sklaven ist der: in jedem Jahre lügt er einmal.« »Das ist kein Unglück«, sagte der andere und kaufte ihn.
Er brachte ihn dann nach Hause und war mit seiner Dienstleistung zufrieden.
Als ein Jahr verflossen war, und sein Herr nicht mehr an seine lasterhafte Gewohnheit dachte, kam er, während dieser im Bade war, schreiend und heulend nach Hause. »Was ist passiert?« fragten sie ihn. »Mein Herr ist vom Maultier heruntergefallen und gestorben«, sagte er.
Dann ließ er die Hausleute in tiefer Trauer zurück und ging wieder weinend nach dem Bade.
Da fragte ihn sein Herr, was passiert wäre.
»Das Haus ist über deiner Familie eingestürzt«, sagte er, »und alle sind umgekommen.« Als aber sein Herr nach Hause kam, fanden sie einander wohlbehalten; da schimpfte sein Herr ihn aus und züchtigte ihn wegen seiner Lüge, ließ ihn aber weiter bei sich.
Im zweiten Jahre kam er und sagte zu seiner Herrin: »Sei zur Schlafenszeit wachsam, denn mein Herr will dich töten; er hat sich in eine andere verliebt.
Wenn du mir aber zwei Haarbüschel von seinem Kinn oder Hals einhändigen kannst, will ich sie einem Zauberer geben, damit wir über seine böse Absicht Näheres erfahren!« Dann brachte er ein Rasiermesser, mit dem sie ihrem Manne, während er schliefe, vom Halse Haarbüschel abrasieren sollte.
Hernach ging er wieder zu seinem Herrn und sprach zu ihm: »Meine Herrin fasste einen bösen Plan gegen dich.
Sie will dich des Nachts abschlachten, damit sie einen andern heirate.
Sei also wachsam und achte auf diese meine Worte.« Als es dann am Abend war, speisten sie und gingen zu Bett.
Männchen stellte sich schlafend, um zu sehen, was seine Frau tun würde.
Als dann seine Frau sah, dass er schlief, nahm sie sogleich das Rasiermesser in die Hand und streckte sie nach seinem Bart aus, um einige Büschel abzurasieren.
Er dachte, dass sie ihn abschlachten wollte, daher sprang er schnell auf, nahm ihr das Messer aus der Hand und schlachtete sie damit ab.
Als diese Sache vor den Kadi kam, töteten sie auch den Mann.
Das ist die Folge einer Lüge.
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