Märchen aus Lappland

Es waren einmal zwei Noaiden, die wanderten von Ort zu Ort und prophezeiten alles Mögliche. Einmal kamen sie zu einem Hof, und auf diesem Hof sollte ein Schaf gerade ein Lamm werfen. Der eine sagt: »Warum helfen wir dem Schaf nicht?« Da sagt der andere: »Wir können ihm schon helfen, aber der Wolf frisst das Lamm.« – Das Schaf bekam das Lamm, und das Lamm lebte bis zum Herbst. Als es Herbst geworden war, schlachteten die Leute auf dem Hof das Lamm. Da kamen die beiden Noaiden wieder zu diesem Hof. Und zu der Zeit wartete die Bäuerin gerade auf ihre Niederkunft. Die Leute baten die beiden Noaiden, der Frau zu helfen, aber die sagten: »Wir können ihr ja helfen, aber er tötet ja seinen Vater und heiratet seine Mutter.«
Die beiden Eheleute glaubten den Noaiden nicht; denn sie hatten ja gesehen, dass ihre Prophezeiung mit dem Lamm nicht in Erfüllung gegangen war.

Nun wurde das Fleisch des Lamms gekocht, von dem die Noaiden gesagt hatten, dass es der Wolf fressen würde. Als sie das Fleisch gekocht hatten, setzten sie den Topf vor die Tür, um das Fleisch abkühlen zu lassen und gingen dann gleich wieder ins Haus.

Da kam der Wolf und fraß alles Fleisch und trank auch noch die Brühe.
Da sagten die Leute: »Es ist wirklich eingetreten, was die Noaiden prophezeit haben. Also kann es auch geschehen, dass unser Kind so wird, wie sie gesagt haben.«
Und da nahm der Vater ein Messer, ritzte dem Kind damit zuerst die Brust und wollte dann zu stechen, um es zu töten. Aber die Mutter meinte, dass das nicht nötig sei.

»Du brauchst das Kind nicht zu töten«, sagte sie, »mach einen Behälter, der wasserdicht ist, setz das Kind da hinein und bring ihn zur See.«
Der Mann tat das. Das Kind wurde in den Behälter gelegt und auf der See ausgesetzt. Der Behälter trieb zu einer Insel und wurde von einem Mann entdeckt, der das Kind zu sich nahm und es aufzog.

Als das Kind erwachsen war, begann es zu wandern und kam zu einem Hof. Dort wurde es Knecht. Einmal gab ihm die Bäuerin eine Flinte und sagte:
»Geh heute Nacht auf den Acker und halte dort Wache, und wenn jemand kommt, dann ist es ein Dieb, und dann musst du auf ihn schießen.«
Der junge Knecht tat das. Als er eine Weile Wache gestanden hatte, sah er einen Menschen über den Acker kommen und schoss sofort auf ihn.
Das war der Bauer gewesen, der nicht im Haus gewesen war, als die Bäuerin den jungen Knecht auf den Acker geschickt hatte, um dort Wache zu halten.
Die Bäuerin wurde also Witwe, und der junge Knecht verheiratete sich mit ihr.
Als sie einmal in der Badestube waren, sah die Frau die Narbe auf der Brust ihres Mannes und fragte: »Warum hast du eine Narbe auf deiner Brust?«
Der junge Mann erzählte ihr nun, warum er diese Narbe auf seiner Brust hatte und auch all das andere aus seinem Leben.

Da wusste die Mutter, dass sie mit ihrem Sohn verheiratet war.

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