Märchen der Aborigines

Vor langer Zeit war Pupilla, der gefleckte Beutelmarder, ein großer Jäger und lebte in einem versteckten Erdloch am Flussufer.

Eines Tages kamen fremde Menschen herbei, um auf Fischfang zu gehen, und schlugen ihr Nachtlager in der Nähe der Marderhöhle auf. Pupilla, der am nächsten Morgen wie gewohnt durch den dämmrigen Busch streifte, fand die geknüpften Fischernetze unbewacht am Ufer liegen. Ohne zu zögern raffte er die Netze zusammen und verbarg sie tief unten in seinem Bau. Dann ließ er sich zufrieden am Eingang nieder und wartete ab.

Die Fremden, über den Verlust in große Bestürzung geraten, nahmen sogleich die Fährte des Diebes auf. Als sie die Höhle des gefleckten Räubers erreichten, sahen sie eines seiner zottigen Beine aus der Erde hervorragen. Vorsichtig schlichen die stärksten Männer näher heran, packten die klauenbewehrte Pfote und versuchten, den Marder unter Aufbietung aller Kräfte aus dem Loch zu zerren. Hin und her wogte der Kampf, bis es dem geschmeidigen Pupilla schließlich gelang, den harten Griffen der Jäger zu entkommen.

Fauchend brachte er sich in der Tiefe des Baus in Sicherheit und starrte nach oben in die wutverzerrten Gesichter der Männer und Frauen, die ihre Speere und Bumerangs nach ihm warfen. Der schlaue Marder würgte jedoch dicke Rauchwolken aus seinem weit aufgerissenen Maul hervor, die ihn unsichtbar machten und vor den tödlichen Waffen der Feinde schützten. Dieser farbige Rauch aber stieg zum Himmel auf, wo er seither den prächtigen Regenbogen bildet. Die beißenden Schwaden zwangen die Fremden, die Verfolgung aufzugeben, und niedergeschlagen kehrten sie ins Lager zurück. Sobald jedoch die Rauchwolken verzogen waren, ergriffen sie ihre Waffen und stürzten von neuem herbei.

Ein zweites Mal sah Pupilla die Köpfe der Feinde über den Rand der Höhle ragen. Alle hatten sie haarige struppige Gesichter, denn in der alten Zeit wuchsen selbst den Frauen dichte Bärte. Wieder prasselten die Speere und Wurfkeulen herab. Da stieß der grimmige Marder glühende Feuerzungen aus seinem Rachen, die wie Blitze nach oben schossen.

Die Männer hatten die auflodernden Flammen rechtzeitig bemerkt und sprangen im letzten Augenblick zurück. Die Frauen hingegen waren von dieser Tat Pupillas so beeindruckt, dass sie sich nicht schnell genug abwandten. Da wurden ihre Bärte auch schon von den feurigen Strahlen erfasst und bis auf die Haut abgesengt, so dass die Haare nie mehr nachwachsen konnten. Deshalb tragen die Frauen auch bis zum heutigen Tage keine Bärte mehr.

Als die entsetzten Männer sahen, wie ihre Frauen und Töchter verunstaltet waren, schworen sie Pupilla blutige Rache und führten einen langen erbitterten Kampf gegen ihn. Zuletzt wusste der Marder sich nur noch dadurch zu retten, dass er weit nach Westen floh, immer der untergehenden Sonne entgegen. Dort in der Fremde schlug er sein einsames Lager auf und lebte kärglich von Fladen aus gemahlenen Grassamen. Nach einiger Zeit beschloss Pupilla, in seine angestammten Jagdgründe zurückzukehren, um die Feinde zu bestrafen, die ihn vertrieben hatten.

So trat er eines Morgens den weiten Heimweg an, auf dem Rücken die Mahlsteine zum Zerreiben der harten Samenkörner. Den ganzen Tag über marschierte Pupilla in der glühenden Hitze, bis er am Abend bestürzt feststellen musste, dass er genau an seinen Ausgangspunkt zurückgekommen war. In aller Frühe unternahm der Marder einen zweiten Versuch, nur um sich bei Einbruch der Dämmerung erneut müde und erschöpft am gleichen Ort wieder zu finden.

So geht es nun schon, seit die Geschichte von den Fischern und dem Beutelmarder erzählt wird. Jeden Morgen bricht Pupilla in seine heimischen Jagdgründe auf, aber die untergehende Sonne trifft ihn stets an derselben Stelle.

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