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Münchhausen
Dass ihr den Grafen Przobofsky in Litauen nicht gekannt habt, ist nicht weiter bedauerlich. Aber seinen prachtvollen Landsitz und vor allem sein berühmtes Gestüt zu kennen hätte sich schon verlohnt. Seine Zuchtpferde, man nannte sie kurzweg die »Litauer«, wurden mit Gold aufgewogen. Als ich eines schönen Tages bei dem Grafen zum Tee war, ging er mit ein paar Herren in den Hof, um ihnen eines seiner jungen Pferde zu zeigen. Ich blieb im Staatszimmer bei den Damen, um sie mit meinen Geschichten zu unterhalten. Plötzlich hörten wir entsetzte Schreie. Ich eilte treppab in den Hof, wo das Pferd so wild um sich schlug, dass sich ihm niemand zu nähern, geschweige es zu besteigen wagte. Das war mir gerade recht. Mit einem Sprung saß ich auch schon auf seinem Rücken, und in kurzer Zeit parierte es wie ein Lämmchen. Man muss eben reiten können! Nach einigen Volten zwang ich den Gaul, durch eines der offenen Fenster ins Staatszimmer zu springen und von dort aus sogar auf den Teetisch, auf dem ich die Levade und andere Kapriolen der Hohen Schule zeigte. Mein Pferdchen machte das alles so geschickt, dass die Damen entzückt waren. Nicht ein einziger Teller ging entzwei. Der Graf war so begeistert, dass er mich bat, den Litauer zum Geschenk anzunehmen. Für den Türkenfeldzug, der unter Feldmarschall Münnich bevorstand. Als wir die Türken, zwei Monate später, in die Festung Otschakow hineintrieben, befand ich mich bei der Vorhut und geriet durch die Schnelligkeit meines Litauers in des Teufels Küche. Ich war mit Abstand der erste hinterm Feind, und als ich sah, dass er die Festung nicht halten wollte, sondern stracks weiterfloh, hielt ich auf dem Marktplatz an und blickte mich um. Aber weder der Trompeter noch meine anderen Husaren waren zu sehen. So ritt ich den Litauer zum Marktbrunnen und ließ ihn trinken. Er soff ganz unmäßig, als wäre sein Durst überhaupt nicht zu löschen. Schließlich wollte ich ihm einen beruhigenden Klaps auf die Kruppe geben und -schlug ins Leere! Als ich mich verwundert umdrehte, blieb mit der Mund offenstehen! Was meint ihr wohl, was ich sah? Nichts! Das Hinterteil des armen Tieres, das Kreuz und die Flanken, alles war fort und wie abgeschnitten! Und das Wasser, das der Gaul soff und soff, floss hinten einfach wieder heraus! Während ich noch grübelte, wie das zugegangen sein mochte, kam mein Reitknecht angaloppiert und berichtete mir atemlos folgendes: Als ich hinter dem fliehenden Feinde durch das Festungstor ritt hatte man gerade das Schutzgatter fallen lassen, und dadurch war das Hinterteil des Pferdes glatt abgeschlagen worden! Es war dann auf eine nahe gelegene Weide getrabt, wo schon andere Pferde grasten. Dort, meinte der Husar, würden wir's wahrscheinlich wiederfinden. Wie der Wind jagten wir zu der Weide zurück und fanden dort tatsächlich die hintere Hälfte des Litauers, die munter im Gras umhersprang! Da war die Freude groß. Ich ließ auf der Stelle den Regimentshufschmied kommen. Ohne großes Federlesen heftete dieser die beiden Teile mit jungen Lorbeersprossen zusammen, die er zufällig bei der Hand hatte. Die Wunde heilte in ein paar Tagen. Und dann geschah etwas, *was einem so ruhmvollen Pferde gut zu Gesicht stand. Die Sprossen wuchsen mit der Zeit und wölbten sich zu einer Art Lorbeerlaube über dem Rücken. Seitdem ritt ich im Schatten seines immergrünen Schmucks durch die Lande, und wir wurden überall gebührend bestaunt. Übrigens, vor der Festung Otschakow hatte ich mit meinem Husarensäbel so heftig und so lange auf die Türken eingehauen, dass mein Arm, als sie längst über alle Berge waren, ununterbrochen weiterfocht. Um mich nun nicht selber zu schlagen oder Leute, die mir zu nahe kamen, für nichts und wieder nichts zu prügeln, musste ich den Arm acht Tage ganz fest in einer Binde tragen. Dann war er in Ordnung, und ich habe seitdem nichts mehr davon gemerkt. |
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