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Schweigen ist Gold Ein altes Sprichwort sagt: "Schweigen hat selten geschadet, Schwätzen aber übel geratet. Heute heißt es auch oft: ..Reden ist Silber, Schweigen ist Gold." dass in diesen Sätzen viel Wahrheit verborgen ist, das hat einmal ein Bergmann erfahren müssen, der sich mit seinem Reden großes Glück verscherzte. Frühmorgens war er zur Tagschicht eingefahren und hatte treu und redlich bis zum Frühstück gebohrt, als plötzlich sein Grubenlicht, das er im Gestein aufgehängt hatte, erlosch. Nun war finstere Nacht umher, und die Kameraden waren weit. Dennoch machte sich der Bergmann auf den Weg, um Öl zu borgen, ehe der Steiger vor Ort kam. Mühsam tappte er durch die Finsternis, stieß immer wieder mit dem Kopf gegen das Hangende und merkte schließlich, dass der Gang gar kein Ende nehmen wollte. Bald wusste er auch nicht mehr, in welche Richtung er ging; er hatte sich gründlich im Labyrinth des Berges verirrt. Nun stand er still und lauschte, ob er nicht in der Ferne den Fäustelschlag der Kameraden hören konnte. Es war totenstill. Nur irgendwo im Berge hörte er ein dumpfes Pochen, als wenn der Berggeist ein Unglück im Schacht ankünde. Plötzlich merkte der Bergmann, dass er vor einer hohen Felswand stand, und aus einem engen Spalt schimmerte Licht. Es wurde heller und heller und schließlich so hell, dass der Erschrockene geblendet die Augen abwenden musste. Als er sich an das Licht gewöhnt hatte, sah er eine Riesengestalt vor sich stehen. Von ihrem Kinn wallte ein langer Bart und in der Hand trug sie ein großes Grubenlicht - das gab einen so hellen Schein. Der Bergmann zitterte und bebte, dass ihm die Knie schlotterten und sein Kittel, wie vom Winde bewegt, über dem Herzen auf und nieder ging. Denn der da vor ihm stand, das war er - der Gefürchtete, der Berggeist selbst. Der aber hatte ein Herz für das arme, zitternde Menschlein, beugte sich freundlich zu ihm hinab und sprach mit Grabesstimme: "Du bist in arger Bedrängnis. Ich will dir helfen. Entzünde dein Licht an meinem, so wird es künftig auch ohne Öl brennen, solange - du schweigen kannst! Aus meinem Reich darfst du kein Geheimnis mit hinaus unter die Menschen nehmen. Du würdest es gewiss bereuen!" Mit diesen Worten hielt er dem Bergmann sein großes Grubenlicht hin, träufelte ein wenig von seinem eigenen Öl in die leere Lampe. Dann entzündete er das Licht des Bergmanns von neuem, und es gab nun einen ebenso hellen Schein, wie das Licht des Berggeistes, der unversehens in der Felsspalte verschwunden war. Die Freude des Bergmanns war groß. Er hatte ein helleres Licht als alle Kameraden, und was das schönste war - er brauchte tatsächlich nie mehr Öl nachzufüllen. Und was für Schätze fand er im Schein seiner Lampe! Der Steiger staunte darüber und bewilligte unserem Bergmann bald einen höheren Lohn. Zwei Jahre lang hat dieser sein Geheimnis treulich gehütet. Gern hätte er einmal davon erzählt. Doch allen neugierigen Fragen, sogar denen seiner geliebten Frau, wich er beständig aus und hüllte sich in Schweigen. Und mit schöner Regelmäßigkeit fand er zu jeder Schicht seine Lampe bereit, und sie leuchtete in alle Winkel hinein, wo die besten und schönsten Erze waren. Da, an einem Sonntag, als er in sehr heiterer Stimmung im Wirtshause saß, um den Schützenkönig samt der Frau Königin hochleben zu lassen, haben ihm die neidischen Kameraden sein Geheimnis von der Zunge gestohlen, und er hat alles haarklein erzählt, wie er zu dem hellen, immerwährenden, wunderbaren Licht gekommen ist. Da haben sie alle, die da mit trunkenen Köpfen und wässrigen Augen saßen, in vorweggenommener Schadenfreude gejohlt. Und richtig - als der redselige Bergmann am nächsten Morgen mit schwerem Kopf zur Schicht fahren wollte, erschrak er ganz fürchterlich: die Lampe brannte nicht. Der Docht war so trocken, als ob er jahrelang keinen Tropfen Öl mehr gezogen hätte. Und die besten und schönsten Erze, die fielen nun wieder den anderen zu. Der Bergmann aber hat sich bis an sein Lebensende schwer placken müssen, denn er hatte die Gunst der Berggeister für immer in einem leichtsinnigen Augenblick verscherzt. |