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Die Regenhexe
Die Chisera, muss man wissen, ist eine Hexe, und wenn sie will, kann sie Regen machen. In einem trockenen Jahr hieß der weiße Mann die Indianer einen Bewässerungsgraben anlegen, damit der Hafer nicht verderbe. Die Indianer sagten: »Warum so oft den Rücken beugen und so viele Schaufelstiele abbrechen? Es gibt da eine Frau in Whisky Flat, die macht Regen im Überfluss um den Preis eines fetten Stiers.« »Das wollen wir doch sehen«, sprach der weiße Mann, gerade so wie Elias vor den Propheten des Baal. Die Chisera verlangte mehr als nur einen Stier - bunte Perlen, Kaliko, hundert Dinge für ein herrliches Fest, das sie geben wollte. Erst aßen die Indianer, dann tanzte die Chisera. Sie sprang umher vor dem Gott des Regens wie David vor der Arche des Herrn, sie stampfte auf. Sie schüttelte sich. Sie schwang die Rollen aus getrockneter Haut und die Rasseln aus Widderhörnern. Drei Tage tanzte sie. Und die Indianer saßen dabei, den Blick zum Boden gewandt. Tag und Nacht standen sie ihr bei mit ihrem Flüstern und dem Raunen ihrer Stimmen. Das gibt einen Rhythmus, der zwischen Himmel und Erde die Luft in jene Schwingungen versetzt, die wir alle spüren, wenn Regen fällt, und wir genau hinhören. Jedenfalls regnete es. Es regnete und regnete. Der Hafer wuchs auf dem Feld, und auf den Mesas blühten Hunderte von Blumen auf. Es regnete drei Wochen. Der Hafer und der Weizen begannen zu faulen, das Vieh wollte nicht mehr fressen, und auch für die blühende Mesa war es des Regens zu viel. »Weißer Mann«, sprach die Chisera, »gib mir noch einen Stier, und ich will machen, dass es wieder aufhört zu regnen.« So wurden abermals Lebensmittel, Tuch und Perlen gezahlt, und nach drei Tagen schien die Sonne auf eine herrlich lebendige grüne Welt. Es ist schade, dass die Chisera nun schon lange tot ist. |
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