Paravandis

Es war einmal ein Mann, der reiste aus einer Stadt in eine andere. Wie er dort umherging, wusste er nicht die Wege und irrte den ganzen Tag in den Gassen umher. Und einmal kam er eine Gasse entlang und sah nach oben auf ein Fenster, da stand eine Frau und schaute ihn an; und dann, als sie ihn eine kleine Weile angeschaut hatte, schloss sie das Fenster,. Den andern Tag kommt er wieder und bleibt in derselben Gasse stehen; und nach einer Weile sieht er wieder das Fenster sich öffnen und sieht wieder dieselbe Frau, und sie sagt zu ihm: "Was suchst du hier, Fremdling? Ich werde jetzt welche holen, dass sie dich töten." Sagt er zu ihr: "Aus großer Zuneigung und Liebe zu dir nehme ich auch den Tod an, den du mir sendest." Sagt sie zu ihm: "Geh und begib dich in eine andere Gasse und am Abend komme her!"

Am Abend kommt jener, und sie wirft ihm ein Seil zu und zieht ihn herauf durch ein Fenster und führt ihn in die königliche Kammer. Und sie nahm einen Stuhl und setzte sich zu ihm und begann ihn auszufragen, woher er sei und woher er stamme. Als er es ihr gesagt hatte, begann auch er sie zu fragen, woher sie sei und woher sie stamme, und weshalb sie sich hier befinde. Sie sagt zu ihm: "Wir waren Sklavinnen und wurden verkauft, und es nahm uns der Wesir des Königs, uns dreißig Sklavinnen. Aber es wurde uns befohlen, einzeln vor dem König vorbeizugehen, und als ich vorbeiging, sagt der König: >Unter allen Sklavinnen, die sie mir gebracht haben, sah ich keine schönere als diese. Geht und bringt sie in die königliche Kammer. Aber es hat niemand anders das Recht dort einzutreten als ich, der König,<"

In diesem Augenblick klopfte es an der königlichen Kammer. Was sollte sie mit ihm machen? Sie steckt ihn in eine Truhe und schließt sie zu und stellt sie in eine Kammer, und geht und öffnet und sieht den König vor sich, und er sagt zu ihr: "Wo ist der Fremde, den du hier hast?" Da wusste sie nicht, was sie tun sollte, und zeigt ihn dem König in der Truhe.

Da erhob der König die Hand zum Zeichen, dass er und die Sklavin geköpft würden. Eine andere Sklavin jedoch ergreift schnell die Hand des Königs und sagt zu ihm: "Wegen des Fremden willst du deine Hand mit Blut besudeln, mein König? Willst du sie nicht aus dem Fenster in den Fluss werfen, mein König, damit ihr schändlicher Leib ein Fraß der Fische werde?"

Als sie sie nun herausgeworfen hatten, entkam der Mann an Land, weil er ein guter Schwimmer war, und sprach zu sich: "Sollte ich nicht wieder ins Wasser gehen und auch die Frau suchen?" Und er geht wieder hinein, fand sie indessen nicht.

Da sieht er im Flusse ein Schiff, steigt hinein und sagt zu dem Kapitän: "Bringe mich an Land!" Und er bringt ihn an Land. Dort sieht er einen Mann, der gräbt und macht eine Grube und schüttet einen vollen Sack hinein. Und er sagt zu sich: "Soll ich nicht gehen und zusehen, was es war, was er in die Grube getan hat?" Und er geht und findet eine Frau, und sie sagt zu ihm: "Willst du nicht hineingehn, mir Wasser zu holen, dass ich mich wasche und meine Augen öffne, um mit dir zu reden?" Und er geht und bringt ihr Wasser, und sie wäscht sich und sagt zu ihm: "Liegt da unten eine Stadt?" Er antwortet: "ja, zweimal geht und kommt man an einem Tage dorthin. " - "Willst du mich nicht hinbringen und ein Zimmer suchen für mich, und einen Arzt, mich zu heilen?" Er sagt zu ihr: "Aber, meine Herrin, man wird mich fragen, wo ich dich gefunden habe und wer du bist." Sie antwortet ihm: "Das macht nichts, mein Guter, du sagst, ich sei deine Schwester."

Nachdem er sie in jene Stadt geführt hat und sie in ein Zimmer gebracht und auch den Arzt geholt und er ihr Arzneien gegeben hat, gibt sie ihm am andern Tage ein Schreiben, dass er es dem Bürgermeister aushändige. Er händigt es ihm aus, und der Bürgermeister gibt ihm einen Sack Goldstücke, und er bringt sie ihr. Und sie sagt zu ihm: "Geh zum Kaufmann und sage ihm, er solle dir ein Stück Seidenzeug vom schönsten, das er hat, geben. Dass du nicht mit ihm handelst, sondern soviel er von dir verlangt, sollst du ihm geben."

Am andern Tag gibt sie ihm wieder ein Schreiben, er bringt es zum Bürgermeister; der gibt ihm einen zweiten Sack Goldstücke, und als er sie ihr gebracht hatte, sagte sie zu ihm: "Nimm den Sack Goldstücke und geh zu demselben Kaufmann und sage, er solle dir drei Stücke Seidenzeug geben und gib ihm den Sack Goldstücke und sage ihm, er möge soviel behalten wie er wolle."

Da er so große Ausgaben gemacht hatte, sagt der Kaufmann zu ihm: "Komm morgen in mein Geschäft zu Tisch!" Als er nach Hause gekommen war und es ihr erzählt hatte, sagt sie zu ihm: "Geh, und wenn du aufstehst, um wegzugehen, dann sage ihm, auch er solle morgen in dein Haus zu Tisch kommen." Als der Kaufmann gekommen war und er ihn bewirtet hatte, hatte sie ihm befohlen, dem Kaufmann, wenn sie von Tisch aufgestanden wären, zu sagen, er solle diesen Abend dableiben, denn er habe ein Zimmer und Bett für ihn. Abends macht sie das Bett dem einen auf dieser und dem andern auf der andern Seite des Zimmers, und nachts, als sie eingeschlafen waren, stand sie auf und ging hin und schnitt dem Kaufmann den Kopf ab. Dann geht sie zum andern und sagt zu ihm: "Steh auf und sieh, wie dein Freund sich in seinem Blute wälzt!" - "Aber Weib", sagt er zu ihr, "was hast du getan?" - "Lass dir doch erzählen, was er alles mir getan hat, und du wirst mich nicht verdammen, dass ich ihn getötet habe."

Aber der fürchtete sich vor der Frau und verließ sie, und als er in eine andere Stadt gekommen war, öffnete er seinen Beutel und fand nur ein Goldstück drin und sagte: "Von soviel Goldstücken, die ich besaß, habe ich jetzt nur noch eines; was soll aus mir werden? Wie soll ich leben? Ich werde das s Goldstück wechseln und Kleinigkeiten kaufen, Rollen, Taschentücher, Nadeln und verschiedenes andere, und es in einen Korb tun, um es zu verkaufen; so werde ich mein tägliches Brot verdienen. " Und er ging in ein großes Kaffeehaus und verkaufte es. Dort drinnen saß ein alter Mann mit grauem Haar in einer Ecke und sagt zu ihm: "Warum, mein Lieber, bringst du nicht auch mir davon, dass ich kaufe? Oder glaubst du, dass ich es nicht bezahlen kann?" jener antwortete: "Nein, bei meinem Leben, ich habe dich nicht bemerkt; aber ich habe Blumen feil, kaufe davon!"

Und der kauft eine Blume und drückt ihm drei Goldstücke in die Hand, und darauf sagt er zu ihm: "Nimm einen Stuhl und setze dich zu mir!" Als sich jener zu ihm gesetzt hatte, begann er ihn zu fragen, woher er sei, wer sein Vater sei und von wo er herstamme. Und er sagt ihm seinen Namen. Sagt zu ihm der Alte: "Wir waren befreundet mit deinem Vater, und wenn du willst, mache ich dich zu meinem Sohn und gebe dir mein Vermögen." jener nahm das an, was ihm der Alte sagte, und blieb da und sorgte für ihn. Später führte ihn der Alte eine Treppe hinab in ein unterirdisches Gemach und zeigt ihm eine goldene Urne mit Säulen, tausend Klafter tief und tausend Klafter breit. Darauf führt er ihn zu einer kleineren Urne, aber sie war reicher als die große; und dann führt er ihn in einen Saal, dort waren goldene Schmucksachen und eine gespenstische Königin, die trug am Halse eine Perle, so groß wie ein Taubenei.

Und nach drei Tagen stirbt der Alte und hinterlässt ihm diesen Schatz. Und der Mann stattete arme Frauen aus, baute Kirchen und tat viel Gutes. Und der reichste Mann in der Stadt erfährt dies und kündigt ihm seinen Besuch an; als er gekommen ist, sagt er zu ihm: "Ich habe erfahren, dass du einen Schatz gefunden hast; zeige ihn mir!" - "Ich zeige ihn dir nicht; aber wenn du willst, gebe ich dir täglich tausend Goldstücke." Als er ihm sagte, dass er ihm tausend Goldstücke täglich geben wolle, fragte ihn der nicht mehr aus, weder zu einem guten noch zu einem bösen Zweck.

Es erfährt dies auch der Wesir des Königs und kündigt ihm seinen Besuch an und sagt zu ihm: "Ich habe erfahren, dass du einen Schatz gefunden hast; zeige ihn mir!" - "Ich zeige ihn dir nicht, aber wenn du willst, gebe ich dir täglich tausend Goldstücke." Und als er ihm von tausend Goldstücken täglich gesagt hatte, fragte er ihn nicht mehr aus, weder zu einem guten noch zu einem bösen Zweck.

Es erfährt dies auch der König und kündigt ihm seinen Besuch an, und kommt und sagt zu ihm: "Ich habe erfahren, dass du einen Schatz gefunden hast; sage mir, wo du ihn gefunden hast, sonst lasse ich dich in tausend Stücke hauen." "Ich zeige ihn dir nicht, und wenn du mich in kleine Stücke wie Reis hauen lässt. Aber wenn du willst, gebe ich dir zweitausend Goldstücke täglich. " Und der König nahm es an. Und jener rechnete nach und fand, dass er 670ooo Goldstücke jährlich den dreien gab.

Einmal wandte sich der König an ihn mit der Bitte: "Verbinde mir die Augen und führe mich hin, dass ich den Schatz sehe!" Und er führte ihn hin, und der König sah den Schatz und sagte: "Fürwahr, dieser Schatz geht nicht zu Ende, soviel man auch davon weggibt." Und darauf sagt der Mann: "Wenn ich doch wüsste, wo jene Frau ist, die die Ursache war, dass ich diesen Schatz gewonnen habe! Ich würde gehen und sie mit mir nehmen." Und es sagt zu ihm der Wesir: "Bah, ich habe eine Tochter, die ist die Schönste in der Stadt; wenn du willst, werde ich sie dir geben." Dieser erwiderte nichts, aber der Wesir geht und sagt zu seiner Tochter, sie solle ihre schönsten Kleider anziehen und zum Paravás (so nannten sie ihn) gehen und ihm sagen, er solle ihr den Schatz zeigen.

Das Mädchen wollte nicht gehen, aber der Wesir nahm sie und führt sie zum Hause des Paravás und sagt ihr, sie solle klopfen und hinauf gehn, sonst würde er sie köpfen. Und jene fürchtete sich und ging hinauf. Und sie erblickt den Paravás, wie er oben auf einem goldbestickten Kissen schläft; und er erwacht und sagt zur ihr: "Was suchst du hier? Wer hat dich geschickt?" Und sie sagt zu ihm: "Mein Vater hat mich geschickt, dass du mir den Schatz zeigst, den du hast." Und er nimmt sie bei der Hand und führt sie in das unterirdische Gemach und zeigt ihr die große Urne und die kleine, die mit Goldstücken und Diamanten und Perlen und Goldbarren gefüllt war. Und in dem Saal nimmt er die Perle vom Halse der Königin und schenkt sie ihr und noch andere Juwelen, und führt sie wieder heraus. Darauf ließen der Wesir und der König ihn ins Gefängnis werfen, weil er die Tochter des Wesirs verführt habe. Aber nachts stahl die Wesirstochter die Gefängnisschlüssel aus der Tasche ihres Vaters und ging und öffnete die Tür des Gefängnisses und sagte zu dem Paravás, er solle herausgehen, sonst würden sie ihn köpfen. Dies tat sie, weil er ihr viele kostbare Sachen geschenkt hatte.

Und jener flieht und kommt in eine andere Stadt und findet dort einen ihm befreundeten König und ging zu ihm und begrüßte ihn und darauf auch die Königin. Und es werden ihm dreißig Sklavinnen vorgestellt; und unter diesen war eine da, die war das Weib, welches die Ursache war, dass er den Schatz fand. Da wurde er ohnmächtig und es sagt zu ihm der König: "Was hast du?" Und er sagt: "Dieses Weib ist die Ursache, dass ich den Schatz gefunden habe." Und der König sagt zu ihm: "Ich will dir das Weib schenken und dir auch deinen Schatz wieder verschaffen." Und er schenkt ihm das Weib und verschafft ihm auch den Schatz wieder.


Dieses Märchen wurde mir von Dieter [chax@wtal.de] zur Verfügung gestellt.