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Das Fräulein in der Muldenscherbe
Zwischen Petershagen und Windheim (an der Weser) hat sich vor dieser Zeit eine
sonderbare Geschichte zugetragen: Es lag an einem schönen Sommerabend ein
Schäfer mit seiner Herde, der Weser nahe, auf einem grünen Anger. Da nun die Sterne und der Mond heraufgegangen waren, saß der Schäfer noch spät
auf und hörte zu, wie der Strom mit leisem Klange durch die Weiden ging. Als nun nach einer Weile das Fräulein wieder kam und sein Schifflein nicht fand, hob es eine große Klage an und rief:
»Radderadderatt, min mollenschaart! und rang die Hände und lief und suchte das Ufer entlang. Das Fräulein trat hinein, dankte dem Schäfer und sagte: »Morgen um diese Zeit
komme wieder zu dieser Stelle, so wirst du zwei Stücke weißen Leinens finden,
die nimm zum Lohn!« Nach dieser Rede fing das Spähnlein wieder an zu gleiten
immer den Strom hinab, in großer Eile, dass es bald verschwand.
Andere erzählen, der Schäfer sei erst nach einem Jahr wieder zu der Stelle
gegangen; da hing das Leinen allerdings in den Weiden, war aber schon ganz
verrottet und nicht mehr zu gebrauchen. |
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