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Die Kunst, die keiner kann


Es gab einmal eine ältere Frau, die hatte einen Sohn. Der Sohn Ebheb nun den ganzen Tag zu Hause, er ging gar nicht aus. Die Sonne bekam ihn überhaupt nicht zu sehen. Eines Tages spricht daher seine Mutter zu ihm: »Hm, bestes Kindchen, willst du denn nicht auch aus dem Hause gehen wie andere junge Leute, willst du dich nicht draußen umtun, willst du nicht zeigen, was du kannst? - Ein junger Mensch von achtzehn Jahren!« - »Geh ein Weißbrot und Chalvás für mich kaufen«, erwidert der Sohn, »damit ich was zu essen hab, wenn ich fortgeh.«

Da kauft ihm also die Mutter das liebe kleine Brot und Chalvás dazu.

Der Aschenbrödler geht aus dem Haus. Wohin mag er wohl gehen, wohin wohl nicht? Vor die Paläste des Königs geht er. Dort streckte er sich lang und breit hin. Also, er hatte sein liebes Brot gegessen, hatte sich ausgestreckt, und dann stach ihn die Sonne.

Am Mittag ging nun die Königstochter auf den Balkon, um irgendwelchen Kehricht hinunterzuwerfen - da erblickt sie den Jüngling, der dort unten schläft. Sie sagt zur Magd - so spricht sie: »Du, nimm etwas Brot, etwas Essen und auch ein Glas Wein und geh damit zu dem; der sich dort unten niedergelassen hat.« Die Magd bringt ihm also das Essen, und er ißt und trinkt.

Am nächsten Tage trinkt er dasselbe, am Tage darauf wieder dasselbe. Jeden Tag lief er dorthin.

Eines Tages geht er aber zu seiner Mutter und spricht zu ihr: »Mutter!« - »Was ist, mein Sohn?« - »Die Königstochter«, sagt er, »zu der ich geh und für die ich irgendwelche Arbeit mach, liebt mich und nachher geben sie mir dort etwas ab, und wir essen, und ... « Da ruft die Mutter: »Ach, wie könnte dich denn die Königstochter lieben?« Er aber erwidert: »Du mußt hingehen, um für mich um sie anzuhalten. « - »Ach du dummer Kerl! Wie könnte ich dahin laufen und um die Königstochter anhalten?« - » Ich würde dich totprügeln, wenn du nicht hingehst", erwiderte er.

Da macht sich die Alte auf den Weg, sie geht ins Schloß, zum König. "Guten Tag , Herr König!" Der König spricht: "Einen schönen guten Tag dir, altes Frauchen, willst du wohl irgendwas?" - "Nein, Herr König«, antwortet sie. »Hier ist dein Schwert, dort ist mein Kopf, ich weiß, ich bin in deiner Hand. Aber ich möchte doch da und das... Mich hat mein Sohn gesandt, du möchtest mir dein Tochter zur Frau für ihn geben.« Der König erwidert: »Also gut ich werd's der Tochter sagen.«

Er ruft die Tochter; sie sagen es - so spricht der König: »Mein Tochter, das und das ist im Gange. Der Sohn der alten Frau liebt dich und will dich zur Frau nehmen. «

Die Tochter erwidert: »Ich möcht ihn wohl nehmen, Vater, aber e muß ausziehen, um die Kunst, die keiner auf der Welt kann, ZU er lernen, und dann erst nehm ich ihn.« - »Gut.«

Die Alte läuft fort, sie geht zum Sohn. Der fragt: »Was haben sie dir gesagt?« Sie antwortet: »Mir wurde gesagt, mein Sohn, du sollst es ausziehen, um die Kunst, die keiner auf der Welt kann, zu erlernen dann will dich die Königstochter nehmen.«

Der Vater war nur ein Holzhauer, er machte also Holz. Da schrägt der Sohn seinem Vater vor: »Geh auch für mich ein Seil zum Bündeln und Holzschleppen kaufen, daß ich ins Holz mitgehen kann. « Der Vater kauft ein Seil, sie gehen auf den Berg, um Holz zu machen Der Holzhauer lief an den ihm gewohnten Platz - da sagt der Bursche zum Vater: »Wir wollen weiter hinaufgehen, um besseres Holz zu finden, so daß wir mehr Geld dafür bekommen. « Sie stiegen also weiter nach oben, erblicken einen Bach, und in dem floß ganz kaltes frisches Wasser. Der Sohn sagt nun: »Setzen wir uns hier hin, um zu essen, und nachher machen wir dann Holz.«

Also sie setzten sich hin, um zu essen. Dort war auch ein großer Stein, und an den lehnte sich der Alte, er sagte dabei: »Och ... « Wie er also »och« sagt, erscheint jedoch ein Mohr vor ihm. Der fragt: »Was willst du?« - »Ich bin nur müde geworden und hab mich angelehnt und "och" gesagt.«

Der Mohr spricht: » " 'Och' heiß aber ich«, so spricht der Mohr. »Was wünschst du? Gibst du mir deinen Sohn? Wenn er für ein Jahr bei mir gewesen ist, geb ich dir hundert Mesitia! Der Bursche soll jedes mal für ein Jahr zu mir kommen.«

Der Alte fragt den Sohn - so fragt er: »Also willst du gehen?« De antwortet: »Ich werd gehen.« Der Mohr gibt dem Alten im voraus fünfzig Mesitia; er nimmt dann den Burschen mit.

Der Vater geht fort - der Bursche aber bleibt dort drüben zurück. Der Mohr öffnet ein unterirdisches Gewölbe, holt sich den jungen hinein. Sie gehen vierzig Stufen hinunter in unterirdische Gewölbe. Was war wohl da unten! Ein Garten, und auch die Frau des Mohren war da unten. Der Mohrenmann läßt den Burschen bei der Mohrin, seiner Frau, und er selber geht in den Garten, wo irgendwelche Arbeiten zu machen waren.

Die Frau des Mohren zwinkert nun dem Burschen zu, sie spricht: »junge, hier, wohin du gekommen bist, bist du in etwas Schlimmes geraten. Der wird dich jetzt gleich holen, damit ihr zusammen in den Garten geht. Und dann wird er ein Haus werden. Der Mohr wird einmal so machen« - die Frau macht eine Handbewegung - »und dann wird der ein Haus werden. Und zu dir wird er sagen: >Werd es auch!< Und da wird er vierzig Ruten auf dir kaputtschlagen. Hältst du der Tracht Prügel stand, gut! ... Sonst müßtest du sterben.«

Der Mohr kommt, nimmt den Burschen mit. Er geht in den Garten. Er schüttelt sich, wird ein Pferd, spricht: »Werd du das auch!« »Ach, Mensch, ich bin hier zu dir gekommen, um umzugraben, um zu wässern, ich bin aber nicht gekommen, um ein Hund und ein Pferd zu werden.«

Da aber gibt es tüchtig Prügel: einen Tag, zwei Tage lang.

Am Tage darauf befiehlt der Mohr: »Du sollst eine Schlange werden!« Am nächsten Tage sollte er ein Hund werden, was immer der wollte, sollte er werden. Das Jahr ging aber herum. Das Fell des Burschen war jedoch von den vielen Schlägen ganz dick geworden, und die Prügel drangen nicht mehr durch.

Als also das Jahr herum ist, kommt der Alte wieder. Er ruft an dem großen Stein: »Och!« Da schlüpft der Mohr oben heraus. Die Mohrenfrau sagt zu dem Burschen: »Schlüpf auch oben hinaus, Kind, denn sonst läßt er dich hier, und du kommst nicht mehr davon!«

Er schlüpft also auch oben heraus - der Bursche. Der Vater fragt: »Was gibt's wohl für Neuigkeiten, Herr?« Der Mohr erwidert: »Schöne Neuigkeiten! Dein Sohn ist ein fauler Kerl, der hat gar nichts getan«, so erwidert er.

Der Vater fragt den Sohn: »Warum bist du ein Nichtstuer?« - »Vater«, ruft der Bursche aus, »ich sollte ein Faulenzer gewesen sein? Der hat zu mir gesagt, daß ich ein Hund werden soll und ein Pferd.

Kann ich das: ein Hund werden und ein Pferd? Ich hab das nicht gemacht und da hat er mich fast totgeprügelt. Da! Guck dir meinen Rücken an! Vier Finger dick ist mein Fell davon geworden!«

Der Mohr schlägt aber vor: »Laß ihn mir noch für ein Jahr!« - »Damit ist es nichts«, ruft der Junge, »ich bleib nicht mehr hier, Vater!« Da sagt der Mohr: »Dann geb ich dir auch die restlichen Mesitia nicht!« - »Dann will ich sie auch gar nicht«, erwidert der Vater.

Sie gingen zusammen nach Hause. Der Sohn hatte bei dem Mohren dennoch eine Kunst dazugelernt - der junge Mensch. »Vater«, spricht er nun. »Was ist?« - »Wir wollen nach der Stadt, nach der Pölis, nach Konstantinopel, gehen, wir werden dabei zweitausend Goldstücke herausschlagen!« - »Also, dann gehen wir los, mein Sohn«, erwidert der Vater, »ich werd mitgehen!«

Wie sie aber nach Smyrna gekommen sind, sagt der Sohn: »Ich will eine Moschee werden mit dem Bad daneben, wo sich die Leute baden, und du sollst mich verkaufen! Hier ist der Schlüssel zur Außentür, den darfst du ja nicht hergeben, denn das bin ich. Wenn du bedrängt wirst, schlag ihn unten am Boden auf!«

Der Vater erwidert: »Ja.«

Der Bursche verwandelt sich, das Bad entsteht. Die Großen kommen, mächtige Könige, die Großen, die Reichen! »Wieviel kostet es?« - »Hm... zweitausend Goldstücke.« Sie bezahlen zweitausend Goldstücke.

Vater und Sohn gehen fort. Sie gehen nach der Stadt, gehen nach der Pölis, machen wie vorher eine Moschee - das ist die Kirche der Türken - mit dem Bad daneben. Also dann fragt dort der König: »Wieviel kostet das, wieviel kostet das?« - »Zweitausend Goldstücke.<,

Der König dort will jedoch den Schlüssel zur Außentür haben - den gibt der Vater nicht. Da gerät der König in Zorn. »Aber ach! Der Schlüssel wird gebraucht.« Der Vater packt den Schlüssel, schlägt ihn am Boden auf, der wird zu vierzig Stücken (Schlüsselstücken). Ein Stück entschlüpft in den Schuh des Alten.

Also der Sohn ist verschwunden, der nämlich ist in den Schuh hineingeschlüpft. Der Schlüssel wird wieder ganz. Ein Stück Schlüssel steckt sich ins Schlüsselloch. Das Stück aber, das in den Schuh des Alten schlüpfte, war der Sohn selber... Dann kommt der junge Mensch aus dem Schuh heraus. Er spricht zum Vater: »Vater, jetzt werden wir nach Aivali gehen. Auch dort wollen wir uns tüchtig was holen, und dann gehen wir in die Heimat zurück.«

Sie gehen also nach Aivali. Wie sie nach Aivali gekommen sind, spricht er zu seinem Vater: »Hm, Vater, jetzt werd ich ein Pferd, und dann sollst du mich auf dem Basar zur Schau stellen, um mich zu verkaufen, und wenn du meinen Wert herausgefunden hast und mich hergeben willst, sollst du das, was ich vorn an mir habe, den Zügel nämlich, nicht mitgeben, weil ich das selber bin.«

Der Alte führt den jungen Menschen, also als Pferd, auf den Basar. Er schreit aus: »Fünf Goldstücke, zehn Goldstücke, zwanzig Goldstücke, dreißig Goldstücke, hundert Goldstücke, zweihundert Goldstücke kostet das Pferd!«

Aber der Mohr bekommt es zu Ohren, er geht an jenen Ort. Der Vater ruft: »Hundert Goldstücke kostet das Pferd!«

Der Mohr ruft: »Zweihundert!« So ruft der Mohr. Der Alte ruft: »Zweihundertzehn!« Der Mohr ruft: »Dreihundert!« Er steigert also um hundert Goldstücke, die anderen legten nur ein Goldstück dazu, der Mohr hundert.

Der Mohr erhält das Pferd. Als der Mohr das Pferd erhalten hat, wollte er auch den Zügel nehmen. »Aber den Zügel kriegt ihr nicht! « sagt der Alte. »Ihr bekommt das Pferd!« Da fragt der Mohr: »Soll ich etwa das Pferd an den Ohren festhalten?« so fragt er. »Den Zügel hab ich auch zu bekommen!« Der Alte sagt darauf: »Nein!« Es kommt dann vor Gericht, der Alte verliert. Gehört nicht auch der Zügel zum Pferd?

Also der Mohr kriegt das Pferd, setzt sich als Reiter drauf. - Da! Nun gibt es Schläge. Da! - Nun gibt es Schläge! - Wohin führt er wohl das Pferd? In sein Gebiet.

Als er dann in sein Gebiet gekommen ist, bindet er das Pferd draußen an und steigt ab. Seine Frau erblickt ihn, sie fragt: »Was willst du?« Er antwortet: »Wo ist die Axt und das Sichelmesser zum Abhacken von Zweigen? Ich will Holzmachen gehen, um nachher ein ganz großes Feuer anzuzünden, daß ich den gehörnten Kerl da verbrennen kann. «

Sie sagt darauf gleich: »ja.« Jedoch sie hatte die Sachen versteckt. Sie sagt: »Axt und Sichelmesser werden wohl im Garten sein.«

Während dann der Mohr in den Garten geht, um die Axt und das Sichelmesser zu suchen, schlüpft die Alte, die Mohrenfrau, oben heraus und bindet den jungen Menschen los. »Los, schnell weg, Junge!" spricht sie zu ihm, »auf den Weg!«

Nachdem die Mohrenfrau den Burschen also losgebunden hat, macht er sich daran, eine Taube zu werden, und fliegt davon. Oben kommt der Mohr zum Vorschein, er sieht den Burschen, der eine Taube geworden ist und von dannen fliegt. Da wird der Mohr ein Adler, die Taube fliegt vor ihm davon. Ha, hinterher! Als er die Taube dann eingeholt hat, wird aber die Taube zum Stein, fällt hinab, wird wieder der Jüngling, der Jüngling nimmt die Waffe und kämpft darum, den Adler zu töten. Da wird der Adler jedoch ein Stein, der junge Kerl wieder eine Taube, fliegt einmal hierhin, einmal dahin, der andere kann ihn nicht fangen.

Um jene Stunde nun wurde die Königstochter vermählt - jene Königstochter, von der wir sagten, daß sie für den, der sich auf die Kunst, die keiner kann, versteht, Bewunderung empfindet. Alle Leute sind versammelt. Da wird der Jüngling zur Rose und fällt in das Schloß hinein. Alle Welt ist also versammelt, alles ist für die Hochzeit bereit. Ein Duft breitet sich jedoch mit einem Mal von der Rose aus, es war etwas Schlimmes, etwas Peinliches, denn man stand vor dem Rätsel, wer denn der Braut eine Rose senden könnte.

Dann aber sagten die Leute: »Die hat Gott der Braut gesandt.« Man gibt die Rose der Braut, und sie steckt sie sich hinter das Ohr.

Draußen aber ist jetzt der Mohr ein Musikant. Er macht Musik. Der König und der Wesir sprechen miteinander. »Ach, was ist das für schöne Musik? Dem wollen wir sagen, daß er heraufkommen soll, um bei der Hochzeit der Tochter aufzuspielen!« - »Gut so!«

Sie gehen hinunter: »Hallo, he Meister! Du sollst heraufkommen, um bei der Hochzeit der Königstochter aufzuspielen!« - »Ich komme wohl, um euch aufzuspielen, aber nur, wenn ihr mir die Rose gebt, welche die Königstochter hinterm Ohre hat, ich will an der riechen.«

Der König sagt: »So warte.« Er geht hinauf, sagt es seiner Tochter, der Prinzessin. Die Königstochter will aber nicht. Sie widerspricht: »Ob der an mir selber riecht oder an der Rose«, so spricht sie, »ist für mich das gleiche«, so spricht sie.

Der König sagt aber: »Ach, was soll das, gib die Rose her!«

Da nimmt sie die Rose - peng! Sie wirf t sie mit Wucht auf den Boden. Was wohl wird aus der Rose? Getreide. Der Boden füllte sich also ,mit Getreide. Der Mohr aber wird eine Henne, eine Henne mit ihren Küchlein. Pick, pick, pick, pick, die Henne pickt das Getreide auf. Da wird jedoch der Bursche zum Fuchs und raubt die Henne samt den Küken und frißt sie auf - und nun ist der Mohr ausgelöscht. Nun spricht der junge Mensch zu der Königstochter. »Hm, Königstochter... hin, hm, König und Königin! ... «

Der König fragt: »Was ist?« - »Bin nicht ich jener, den eure Tochter aussandte, um die Kunst, die keiner kann, zu erlernen, damit ich sie nachher zur Frau kriegen kann? Ich bin das.«

Was also wird nun? Sie jagten den alten, den ersten Bräutigam fort - den Bräutigam, mit dem sie getraut werden sollte - und trauen sie mit dem Jüngling, der ausgezogen ist und die Kunst, die keiner kann, erlernt hat.

Und getrunken haben sie dann und geschleckt, und sind auch vor Hunger verreckt.