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Der arme Hütejunge
Vor etwa zweihundert Jahren saß in einer Gastwirtschaft an der Lübecker Bucht in Boltenen einmal ein Bauer mit seinem Gesinde bei der abendlichen Mahlzeit, als plötzlich eine alte hässliche Frau in altmodischen Kleidern in die Stube trat. Sie erzählte, ihr sei ein Rad an ihrem Wagen zerbrochen, und bat den Bauern, es auszubessern. Aber den packte das Grauen, je mehr er die unheimliche Gestalt ansah. Auch sonst wollte sich niemand finden, der den Mut aufbrachte, mit nach draußen zu gehen. Schließlich trat der arme Hütejunge vor und erbot sich, der Frau zu helfen. Da verspotteten die anderen den Knaben und schickten ihn mit der Alten. Anschließend konnte man hören, wie der Bauer und sein Gesinde lachten und die alte Frau und den Hütejungen zum Teufel wünschten. Vor dem Gasthof war es sehr nebelig und der Junge fand eine seltsame Kutsche, die innen zu glühen schien. Vorgespannt waren zwölf Katzen. Bevor sich der Junge von seinem Staunen erholen konnte, reichte ihm die Alte eine Axt. Das war ein wirklich wunderbares Werkzeug! Jeder Schlag damit saß richtig. So war der Schaden bald behoben. Als die Frau in die Kutsche kletterte, rief sie dem Hütejungen zu, er solle die Holzspäne mitnehmen. Darauf fuhr das seltsame Gefährt los und verschwand bald in der Ferne und mit ihr der Nebel. Der Bursche dachte an die Aufforderung und steckte die Späne in die Tasche. Am anderen Tag waren sie pures Gold. Der Bauer und sein Gesinde starben bald darauf jedoch an einer unbekannten Krankheit. Der Hütejunge war durch das Gold sehr reich geworden und wurde ein angesehener Bürger. Seine Hilfsbereitschaft stellte er bis in hohe Alter immer wieder unter Beweis. Die alte Frau hat man nie wieder gesehen. Man kann aber noch heute nachts bei Nebel an der Boltenhagener Küste Katzengeschrei hören, und am Horizont glühende Lichter beobachten. |
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Dieses Märchen wurde mir von Adam Adelmann zur Verfügung gestellt. |