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In der Hölle


Es war einst ein mächtiger König, der hatte eine wunderschöne Tochter. Eines Tages ging die Prinzessin durch die grüne Heide spazieren. Da kam ein furchtbarer Drache durch die Luft daher, ergriff das zu Tod erschrockene Mädchen und trug es hinab in die Hölle. Denn der Drache ist niemand anderes gewesen als der Teufel.

Der König war ganz erschrocken, als er erfuhr, der Höllendrache habe seine Tochter entführt, und schrieb aus, dass er dem, der ihm seine Tochter aus der Hölle erlöse, sein Königreich verspräche und die Hand seiner Tochter.

Da sind wohl viele gekommen und haben es versucht, bis zur Hölle vorzudringen, aber keiner fand trotz aller Mühen den Weg dahin.

Eines Tages nun kam der brave Sohn eine armen Witwe, die in großer Not war, und meldete sich beim König. Er wolle es

versuchen, die Königstochter zu erlösen. Der König wiederholte auch ihm das Versprechen, und der junge Bursche machte sich auf die Suche.

Als er so dahinging und alle, die ihm begegneten, fragte: "lst das der rechte Weg zur Hölle?" kam er zu einem alten hässlichen Weiberl, das war so schwach, dass er vergaß, es zu fragen. Doch sie fragte ihn: "Wo aus, wo ein? Wohin führt dein Weg?"

"Ei, ich soll zur Hölle gehen", sagte er, "und finde den Weg nicht.

"Freunderl, das glaub ich dir gern", meinte darauf das Weiberl, "wenn du in die Hölle willst kommen, musst du dies Stöckerl mitnehmen, das ich da unter der Irxen trage. Dann kommst du zu einem schwarzen Hahn, der auf der Gasse vor einem Haus steht; dem muss du nachrennen und eine Feder ausreißen. Dann wirst du einen schwarzen Bock antreffen. der wird wohl stoßen; aber du musst ihm eine Bartborste ausreißen. Das Weitere wirst du dann schon selber sehen."

Darauf hat sie ihm das Stöckerl gegeben, er hat ihr noch danken wollen, aber sie ist schnell fortgegangen. Und nachgehen hat er ihr nicht können, das hat das Stöckerl nicht erlaubt. Das hat ihm den Weg angegeben, und so ist er auf seiner Reise zu einem Bauernhaus gekommen, davor ist ein schwarzer Hahn gestanden. Kaum aber sah er den Wanderer mit dem Stöcklein, da begann er zu flüchten, schlug mit den Flügeln und lief davon. Doch der Höllensucher war schnel1er und holte den Hahn bald ein; und der Hahn mochte zetern, was er wollte, er raufte ihm eine schwarze Feder aus. Ein paar Schritte ging er weiter und steckte sich die schwarze Feder auf den Hut. Da stand mitten auf dem Weg ein schwarzer Bock, den gehörnten Kopf zu Boden gesenkt, und ehe der Höllensucher sich versah, hatte ihn das wilde Tier über den Haufen gerannt. Doch er ließ sich's nicht verdrießen, sondern stand wieder auf, und als der Bock wieder losstürmte, erfasste er ihn beim Barte, und wohl die Hälfte blieb in seinen Händen. Der Bock aber lief meckernd weiter, dem Hause zu. Vom Barte suchte Hans sich nun die schönste Borste aus und tat sie mit der schwarzen Feder in seinen Geldbeutel, steckte das Stöckerl in den Stiefel und ging lustig darauf los. So kam er zum Höllentor; doch war dies zu seinem Leidwesen geschlossen.

Was nun tun?

"Ach", dachte er sich, "ich versuche es mit dem Staberl", und schlug damit ans Tor. Da flog es auch schon angelweit auf, und der Torwächter trat unter den Torbogen.

"Was willst?" fuhr in das rote Mandle an, "du hast so stürmisch am Höllentor geklopft! Hast du eine Anweisung?"

Da griff der Hans nach dem Geldbeutel und hielt dem Wächter die Feder vom schwarzen Hahn und die Borste vom schwarzen Bock unter die Nase, worauf dieser ein "Passiert" knurrte und ihm den Weg freigab. Wohin aber nun?

Drei Wege führten hinein in die Hölle. "Sie ist eine Prinzessin", dachte Hans, "wird wohl der mittlere der rechte sein", und als er das Stöckerl fragte, wies es ihm auch den mittleren Weg. Dort kam er in ein Zimmer und fand darin drei Mädchen; der Drache jedoch, mit dem er einen Kampf zu bestehen hatte, war ausgeflogen.

Zu den Mädchen nun sagte Hans: "Ich bin gekommen, euch zu befreien, und jetzt, da der Drache fortgeflogen ist, wär's die schönste Zeit."

"Ach nein", meinte nun eine, "jetzt ist es nicht mehr Zeit, da der Drache jeden Augenblick zurückkehren kann. Aber was machen wir dann?"

Da sagte der Bub, er werde mit dem Drachen kämpfen, aber die Mädchen erwiderten, das sei unmöglich.

Endlich kämen sie auf den Ausweg, dass er den ersten Tag unter dem Bett des ersten Mädchens, am zweiten unter dem des zweiten und am dritten unter dem des dritten Mädchens liegen solle. Am vierten Tag aber würde der Drache, soviel ihnen bekannt sei, ohnehin ausfliegen.

Als nun am Abend der Drache heimkam und mit lautem Gepolter in das Zimmer eintrat, da schnupperte er und brüllte: "Ich rieche Menschenfleisch!"

"Ach, was dir nicht einfällt", erwiderte die erste, "mir ist die Brennsuppe übergegangen. Und deshalb riecht es so."

Der Drache gab sich zufrieden, legte den Schädel zwischen die Tatzen und schlief bald ein. Am nächsten Morgen aber flog er aus und verbrachte den Tag droben auf der Erde.

Der Tag nun verging dem Hans bei den drei Mädchen, von denen eines schöner war als das andere, sehr kurzweilig, und als der Abend kam, kroch er unter das Bett der zweiten. Nicht lange darauf kam der Drache und trat unter lautem Gepolter in das Zimmer. Wieder schnupperte er und brüllte:

"Ich rieche, rieche Menschenfleisch!"

"Ach, was dir nicht einfällt", erwiderte da die zweite, "ich habe ein Kalb geschlachtet. Und deshalb riecht es so."

Der Drache gab sich zufrieden, legte wieder den Schädel zwischen die Tatzen und schlief bald ein. Am nächsten

Morgen aber flog er wiederum aus und verweilte den ganzen Tag unter den Menschen.

Auch dieser Tag verging dem Hans bei seinen drei Freundinnen sehr kurzweilig, und als der Abend anbrach, kroch er unter das Bett der dritten. Nicht lange darauf trat der Drache mit großem Gepolter ein, schnupperte herum und brüllte:

"Ich rieche, rieche, rieche Menschenfleisch!"

"Ach", lachte die dritte Prinzessin, die er am liebsten hatte, "was dir nicht einfällt; mein Hahn ist hin geworden und der hängt in der Hütten."

Auch diesmal gab sich der Drache zufrieden, legte wieder den Schädel zwischen die Tatzen und schlief bald ein. Am vierten Morgen aber flog er schon in aller Früh aus und brüllte, dass er sehr spät heimkommen werde, weil er sehr viel zu besorgen habe.

Da rüsteten sie zur Ausfahrt. Man möge die Höllenkutsche einspannen, um eine Spazierfahrt zu machen, sagten sie; Kutscher hätten sie selber einen trefflichen. Und dann fuhren sie eiligst fort, Hans vorn auf dem Bock, die Mädchen in der Kutsche. Die zwei Rappen rasten auf der Straße dahin. Da plötzlich blieben sie stehen und bäumten sich. Der schwarze Bock stand mitten auf der Straße, hielt seinen Schädel tief gesenkt und meckerte: "Meine Borste will ich haben."

Rasch riss Hans den Beutel heraus und warf sie dem Bocke zu, da sprang der zur Seite.

Nicht lange rasten die Pferde auf der Straße weiter, da flog ihnen der schwarze Hahn an den Kopf und schrie: "Kikeriki, meine Feder will ich haben."

Geschwind warf Hans ihm die Feder hin, und weiter ging's der Stadt zu.

Da trat ihm noch das alte Weiberl in den Weg und forderte ihren Stecken ab.

Dann aber sausten die Rappen wohl zur Stadt und in die Burg. Da empfing der alte König jubelnd seine Tochter. Darauf gab es freilich eine frohe Hochzeit und eine große Tafel, und die Mutter des Hans saß auch dabei; und die hat mir alles erzählt, wie's geschehen ist. Die zwei anderen Mädchen aber blieben bei dem jungen Königspaar in der Burg. Geh hin, schau, vielleicht wäre eine zu haben zum Heiraten!