|
Der goldene Wagen
Tief versenkt in einem verwünschten See liegt der goldene Wagen. Er ist von wunderbarer Schönheit, bis ins Kleinste mit erstaunlicher Kunst ausgearbeitet, und harrt der kühnen Leute, die ihn aus der Tiefe ans Licht ziehen. Von Zeit zu Zeit taucht nämlich der goldene Wagen aus dem Grund des Sees empor und schimmert so verlockend und rollt bis zum Rand des Wassers. In dieser Stunde wäre es möglich, den Schatz der Schätze zu gewinnen und zum reichsten Mann der Welt zu werden. Aber nur sieben Brüdern gelingt das kühne Unterfangen. Doch während des ganzen Vorgangs dürfen sie kein Wort sprechen, sonst fällt der goldene Wagen unwiederbringlich in die Tiefe zurück. Es machten sich denn auch einmal sieben Brüder auf und kamen an den geheimnisvollen See. Und mit einem Mal tauchte der goldene Wagen aus dem kristallenen Wasser empor und glänzte und blinkte im Sonnenlicht, daß unsere Brüder starr waren vor Staunen und Freude. Endlich ermannten sie sich und ergriffen, als der Wagen in ihre Nähe kam, mit starken Armen die Deichsel und suchten das Kleinod an Land zu ziehen. Schon war der Wagen bis zur Hälfte aus dem Wasser, schon glaubten sich die Brüder im Besitz des Kunstwerkes, als ein kleines Männchen mit wallendem Bart, ein alter Hirte aus der Nachbarschaft, vorbeikam und verwundert »Helf Gott!« rief. »Das ist nicht nötig«, erwiderte hierauf der Älteste der Brüder, »Wir halten ihn ja! « Da rollte der Wagen zurück und versank vor den Augen der Erschreckten in die Tiefe. Und nun entspann sich ein Streit unter den Brüdern. Sie überhäuften den Ältesten, der unklugerweise die Worte gesprochen, mit Vorwürfen. Sie warfen ihn schließlich zu Boden und erschlugen ihn. Als aber der Bruder tot war, da stritten die sechs übrigen Brüder miteinander und töteten sich gegenseitig. Der Letzte erhängte sich, um die anderen nicht zu überleben. |
||