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Wie das Gold in die Welt kam
Jeden Morgen, wenn die Sonne am Himmel erschien, schickte sie ihre warmen, goldenen Strahlen auf die Erde und der neue Tag begann festlich: das Laub der Bäume glänzte, die Blumen öffneten sich, die Vögel jubilierten und die Menschen lächelten. Wenn der Himmel gegen Abend dunkel wurde, der Wind auffrischte
und die Dämonen sich bereit machten, ihre Herrschaft über die Erde anzutreten,
rief die Sonne ihre Kinder zurück. "Auch uns wird die Nacht lang, wenn wir nicht bei dir sind", antworteten die Sonnenstrahlen. "Hab Geduld, morgen früh kommen wir wieder!" Da streifte die glutrote Sonne schon den Horizont und rief ihren säumigen Kindern zu: "Die Nacht ist nah, und die Zeit der Dämonen beginnt! Beeilt euch! Kehrt zurück!" Eines Abends wollten die Sonnenstrahlen ihrer Mutter nicht länger gehorchen und blieben auf der Erde. Da sprachen die Sterne: "Fort mit euch, denn sind wir nicht da, um die Nacht zu erleuchten?" Die Sonnenstrahlen erwiderten aber: "Euer Schein ist schwach und euer Licht kalt. Wir lassen die Erde nicht im Stich; wir bleiben." Da strafte sie Gott für ihren Ungehorsam und sprach: "Ihr sollt unter die Erde verbannt sein und niemals mehr auf ihr herumwandern und Licht und Wärme spenden! Euren Glanz und eure Schönheit will ich euch lassen, aber sie werden den Menschen nicht nur zur Freude gereichen, sondern Hass und Zwietracht unter ihnen säen." Und wie Gott gesprochen hatte, geschah es: Im Schoss der Erde
verloren die Sonnenstrahlen ihre anmutige Beweglichkeit und ihre Wärme, sie
wurden starr und kalt. Bis in unsere Tage hat das Gold nichts von seinem Zauber verloren und sein reiner, strahlender Glanz erinnert uns daran, dass es von der Sonne abstammt. |
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Dieses Märchen wurde mir von Hanspeter Thum
((maerlimaa@gmx.ch)
zur Verfügung gestellt. |