|
Die Prinzessin mit den Entenfüßen
Der alte König war gestorben. Die Kammerherren streiften schwarzen Flor über ihre buntseidenen Ärmelpuffen, und die Damen drückten die Spitzentüchlein an die Augen, vor Kummer darüber, dass nun der Hofball nicht stattfinden konnte, der zum kommenden Tag angesagt worden war. Im Krönungssaal stand der Thronsessel; er war schneeweiß und hatte vergoldete Füße, und über seine Rückenlehne herab hing der Purpurmantel mit dem Hermelinfutter; den sollte der junge Prinz umgelegt bekommen. Der Hofmarschall hielt die Krone zwischen den gespreizten Fingern und fuchtelte mit dem Zepter durch die Luft. Das war ja ein netter Regierungsantritt! Läufer liefen unablässig die Marmortreppen des Schlosses hinauf und herunter; aber der junge Prinz war nirgends zu finden. Durch den Schlosshof schritt pfeifend der Hüterjunge. »Hier könnt ihr lange
suchen«, lachte er. »Drüben hinterm Walde bei den Moorwiesen liegt der Prinz im
Grase und sieht die weißen Wölklein fliegen.«font> Ja, nun
wussten sie es. Am meisten ärgerten sich die Läufer darüber, den jetzt
mussten sie in ihren spitzen Schnabelschuhen über den lehmigen Waldboden zu den
Moorwiesen laufen. Schon von weitem sahen sie den Prinzen im Schilfgras liegen.
Als der die drei Läufer erblickte, stand er auf, klopfte sich die Schilfhalme
vom Wams und ging ihnen entgegen. »Ich weiß bereits alles«, sagte er. »Das
Klügste wird sein, ich füge mich in das Unvermeidliche. Aber das dürft ihr mir
schon glauben: ich hätte lieber mein Lebtag an den Moorwiesen Schweine gehütet,
als nach meines Vaters Tod den Thron bestiegen.« Wahrhaftig, das sagte er.
Allabendlich, wenn die Sonne sich rot im Moorteich spiegelte, warf der junge
König Purpurmantel und Zepter beiseite und wanderte einsam durch den grünen Wald
zu den Moorwiesen hinaus. Dort legte er sich ins Schilfgras und starrte zum
Abendhimmel empor, bis die Sterne glitzerten. Eines schönen Tages zog der Hofmarschall den jungen König beiseite. »Majestät
verzeihen,« flüsterte er ihm ins Ohr, »aber so darf es nicht weitergehen. Das
Volk murrt; die Regierungsgeschäfte kriechen einen Krebsgang; in unserer
Schatzkammer vermag bald ein Blinder die Dukaten zu zählen. Kurz und gut, ich
sehe nur einen Ausweg, wie dem abzuhelfen sei: Majestät müssen heiraten!«
Der junge König runzelte die Brauen. Doch so leicht ließ sich der Hofmarschall
nicht aus dem Konzept bringen. »Wenn ich mir einen Vorschlag erlauben dürfte,«
fuhr er fort, »so käme da in erster Linie Prinzessin Lilienblatt in Betracht« –
Jetzt wurde es dem jungen König aber zu bunt. »Bleibt mir mit Euren künstlichen
Prinzessinnen vom Leibe!« schrie er und stampfte mit dem Fuß auf. »Wenn ich
heirate, will ich mir meine Frau selber aussuchen.«
»Wahrhaftig, das fehlte mir gerade noch, zu heiraten!« sagte der junge König als
er abends bei den Moorwiesen im Schilfgrase lag. »Lieber spränge ich in den
Moorteich, dort, wo er am tiefsten ist. Da weiß man wenigstens, was einem
bevorsteht.« »Hoho, das ist auch eine Ansicht!« quakte es plötzlich neben ihm. Der junge
König hob erstaunt den Kopf und sah einen dicken, grünen Frosch im Schilfe
sitzen, der ihn mit runden Augen anglotzte und vergnüglich mit dem Kopfe
wackelte. »Ihr scheint schlechte Erfahrungen gemacht zu haben, guter Freund«,
sagte der Frosch, und dann lachte er, dass er ordentlich Wasser prustete.
»Ich habe gar keine Erfahrungen gemacht,« erwiderte der junge König, »aber ich
verspüre keine Lust, mit einem jener Reifrockgestelle, die ich auf den Hofbällen
herumschwenken musste, eine Ehe einzugehen. Das kann niemand verwundern, der
Prinzessinnen kennt.« »Ich kenne sie zwar nicht,« sagte der Frosch, »aber ich kann mir vorstellen, das
sie alt und vertrocknet sind. Sie müssten einmal in frisches Wasser gesetzt und
ordentlich untergetunkt werden.« »Das ist ein vortrefflicher Gedanke«, meinte der junge König und lachte.
»Ich habe immer vortreffliche Gedanken,« antwortete der Frosch und blies sich
auf, »aber meines Äußeren wegen werden sie nicht beachtet; und zwar nur aus dem
Grunde, weil ich so grasgrün bin. Das Grün ist doch nun einmal meine Leibfarbe.«
»Wenn du so vortreffliche Gedanken hast,« sagte der junge König, »so kannst du
mir gewiss zu einer Frau verhelfen. Es soll aber keine Froschkönigin sein,
sondern ein schönes, warmblütiges Menschenkind. Diese Bedingung stelle ich.«
»Nichts leichter als das«, sagte der Frosch. »Komm heute
Nacht, wenn der
Vollmond scheint an den Moorteich, da kannst du das holdeste Mädchen der Welt
die Enten hüten sehen. Sie ist so hübsch, dass ich eine zeitlang selber daran
dachte, sie zu heiraten. Aber sie vermag sich nicht ordentlich aufzublasen und
hat eine melodische Stimme. Mit diesen Mängeln könnte sie nie bei uns zu Hof
erscheinen, und darauf sehe ich.« »Das wäre für mich kein Hinderungsgrund«, sprach der junge König. »Gefällt mir
die schöne Entenhüterin ebenso gut wie dir, so soll nichts auf Erden mich daran
hindern, sie zur Frau zu nehmen.« Sobald der Vollmond hinterm Waldrand aufzusteigen begann, zog sich der junge
König in seine Gemächer zurück, warf einen schwarzen Mantel um, stülpte die
Kapuze über den Kopf und schlich unerkannt durch eine Hinterpforte zum Schloss
hinaus. Schon von fern sah er die Moorwiesen im Mondschein glänzen. Irrlichter
liefen vor seinen Füßen hin und her und wiesen ihm den Weg.
Da war auch sein Freund, der Frosch. Breitspurig saß er mitten auf der
Landstraße und erwartete ihn. »Da bist du ja!« quakte er. »Potz Moorschlamm und
Fliegenbein, du scheinst es eilig zu haben!« Und er lachte, bis er sich
verschluckte. »Spare jetzt deine Scherze,« sagte der junge König, dem doch ein wenig ängstlich
ums Herz war, »zeige mir lieber diejenige, derentwillen ich durch Nacht und
Nebel hier hergekommen bin.« »Hättest du Augen im Kopfe, hätt'st du sie längst erblickt«, versetzte der
Frosch. »Drüben am Teichrand sitzt sie und lässt die Füße ins Wasser hängen. Aber
euch Menschenkindern muss man die Nase auf alles stoßen, sonst merkt ihr es
nicht.« Der junge König blickte zum Teichrand hinüber. Da saß ein Mädchen, das hatte ein
Gesicht weißer als die Mondstrahlen, Augen dunkelblauer als der Nachthimmel und
Haare goldgelber und weicher als der zarteste Entenflaum.
»Sie ist wirklich wunderschön«, sagte der junge König, der keinen Blick von dem
Mädchen wenden konnte. »Ich gäbe mein Königreich darum, wenn sie meine Frau
werden wollte.« »Das Königreich kannst du ruhig behalten,« sagte der Frosch, das wird sie nicht
genieren. Aber zu ihr hinüberhüpfen laß uns, eh' es zu spät wird; denn
Glockenschlag Eins muss die schöne Entenhüterin wieder nach Hause.«
Sie gingen nun zusammen um den Moorteich herum zu dem Platze, wo das Mädchen
saß. Das stieß beim Anblick der beiden einen leisen Schrei aus und zog sein
aufgeschürtzes Gewand so tief hinab, das der Saum das Wasser berührte.
»Schönen guten Abend mein Fräulein«, quakte der Frosch. »Hier bringe ich Euch
einen Freund, der ein waschechter Prinz und König ist und Euch zur Frau haben
möchte.« Das schöne Mädchen betrachtete den jungen König und senkte verwirrt die
nachthimmelblauen Augen zu Boden. »Das kann Euer Ernst nicht sein«, sprach es
zum Frosch. »Wer sollte künftig bei Vollmond meine Enten hüten?«
»Ausflüchte – Ausflüchte –« quakte der Frosch.
Aber das Mädchen schüttelte traurig den Kopf. »So leid es mir tut, ich kann Euch
nicht heiraten«, sagte es zu dem jungen König. Der wollte gerade zu einer
Liebeserklärung den Mund öffnen, als ihm der nasse Frosch auf die Hand sprang
und ihm einen gelinden Schauer über den Rücken jagte. Von dieser Stunde an wurde es mit seiner Traurigkeit noch schlimmer. Zwar
wanderte er nicht mehr allabendlich zu den Moorwiesen hinaus, allein in jeder
Vollmondnacht erhob er sich von seinem Lager, kleidete sich an und schlich
heimlich zum Moorteich. Der Moorteich aber lag schwarz und reglos, und der Platz
auf dem die Schöne ihre Enten gehütet hatte, war leer. Nicht einmal der Frosch
ließ sich mehr sehen. Nur manchmal wollte es dem jungen König scheinen, als höre
er aus der schwärzlichen Tiefe heraus ein schadenfrohes Quaken. Doch das konnte
auch eine Täuschung sein. Und bleich und verhärmt kehrte er ins Schloss zurück. Diesmal stampfte der junge König nicht mit dem Fuß auf; müde und gleichgültig
betrachtete er seine Fingerspitzen. »Wenn es sein muss, warum nicht?« sagte er
und zuckte die Achseln. Mochten sie mit ihm anfangen, was sie wollten; ihm war
alles einerlei. Der Hofmarschall rieb sich freudestrahlend die Hände. Und schon am nächsten Tag
begann in dem stillen Schlosse ein Leben und Treiben, dass es eine Lust war.
Droben in den Gemächern häuften sich Samte und Brokate, Gold- und Silberborten,
Pelze und wallende Straußenfedern. Und auf den Stühlen ringsherum saßen hundert
Schneider, die stichelten mit den Nadeln und klapperten mit den Scheren und
nahmen dem jungen König Maß für seine Hochzeitskleider. Das war eine Arbeit!
Endlich hingen Mäntel, Wämse, Hosen und Barette fix und fertig im Schrank. Der
Hofmarschall ließ die Hofkutsche bespannen, setzte den jungen König hinein und
sich an seine Seite, und fort ratterten sie ins Land hinaus.
Natürlich wurden sie überall mit Freuden und den gebührenden Ehren empfangen.
Sämtliche Prinzessinnen der Welt waren mit Vergnügen bereit, die Frau des
hübschen jungen Königs zu werden. Aber was den jungen König betraf, so konnte er
zu keiner von ihnen ein Herz fassen. Unwillkürlich verglich er die Blonden und
Schwarzen, Großen und Kleinen, Dicken und Dünnen, Klugen und Dummen mit seiner
schönen Entenhüterin. Und den Vergleich konnten sie alle nicht aushalten. Der aber rieb sich schadenfroh die Hände. »Nun gerade!« sagte er. Und dann
klopfte er an das Kutschenfenster und befahl dem Kutscher, schnurstracks zu
diesem Schlosse hinzufahren. Das machte ihm einmal ganz besonderen Spaß.
Der alte König empfing ihn in höchsteigener Person auf der Treppe. »Große Ehre!«
sagte er und tätschelte dem jungen König die glatten Wangen. Auf Etikette gab er
nicht viel. Er geleitete seine beiden Gäste in den Thronsaal und bat sie, Platz zu nehmen;
sodann schickte er einen kleinen Pagen, der gerade mit Abbürsten des
Thronsessels beschäftigt war, hinauf, seine Tochter zu holen.
»Ich glaube wohl, dass sie Euch gefallen wird«, sagte der alte König zum jungen.
Da ging auch schon die Tür auf, und herein trat niemand anders als – die schöne
Entenhüterin selber! Ihr Gesicht war weißer als die Mondstrahlen, ihre Augen
dunkelblauer als der Nachthimmel und ihre Haare goldgelber und weicher als der
zarteste Entenflaum. Sie trug ein hellfarben Schleppgewand und schritt leicht
wiegenden Ganges auf den alten König zu. »Ihr habt befohlen, Vater«; sprach sie
und küsste des Alten Hand. Der alte König strich ihr wohlgefällig über das goldgelbe Haar. »Hier ist einer,
der dich zur Frau haben möchte«, sagte er und wies auf den jungen König, der vor
Freude und Schreck abwechselnd rot und blass wurde.
Das Mädchen blickte den jungen König an, verfärbte sich und barg sein Antlitz in
den Händen. »Seid ohne Sorge,« sagte der alte König zum jungen, »sie ist noch etwas
schüchtern.« Da senkte die schöne Entenhüterin den Kopf und ging langsam wieder
zur Tür hinaus; und ihr hellfarben Gewand schleppte rauschend hinterdrein.
»Ich sehe, Ihr liebt sie,« sprach der alte König zum jungen, »und da Ihr ein
angenehmer junger Mann seid, gegen den nichts einzuwenden ist, will ich sie Euch
zur Frau geben.« Nun wurde der Hofküchenmeister herbeigerufen und ihm befohlen, das
Verlobungsmahl herzurichten. In weniger als einer Viertelstunde war die Tafel
bereit, und die leckersten Bratengerüche erfüllten die Luft. Und siehe! Kaum
hatte man den letzten Stuhl an den Tisch gerückt, als sich auch schon die Türen
öffneten und Kavaliere und Damen erschienen. Sie machten dem alten König ihre
Reverenz, gratulierten und nahmen in feierlichem Zuge ihre Plätze an der Tafel
ein. Als das Mahl zu Ende ging, erhob sich die schöne Königstochter und verschwand.
Der alte König schlug seinen Gästen zum Nachtisch ein Würfelspiel vor. Aber der
junge König dankte. Er wolle lieber im Garten spazieren gehen, meinte er. Ihm
war nicht nach Würfelspielen zumute. Da war es kühl und still. Die Tannen rauschten über seinem Haupt, und murmelnde
Wässerlein sickerten zwischen Buschwerk und Farnen dahin. Der junge König legte
sich ins Moos, stützte den Kopf in die Hände und träumte. Weil er aber traurig
und müde war, dauerte es nicht lange, da war er eingeschlafen. Wie er nun so am Ufer stand, hörte er plötzlich Flügel über sich rauschen. Er
hob den Kopf und sah eine Schar wilder Enten, die flog geradewegs über ihn hin
und mitten in den Weiher hinein. Und siehe! Es dauerte nicht lange, da trat aus
dem Baumdickicht die schöne Entenhüterin hervor, setzte sich auf einen Stein an
des Weihers Rand und ließ die Füße ins Wasser hängen.
»Schnatter – Schnatter«, sagten die wilden Enten, schwammen auf die Prinzessin
zu und rieben die Schnäbel an ihrem Gewand. Die Prinzessin streichelte mit ihren weißen Händen der wilden Vögel Gefieder.
»Ach meine lieben Enten,« sprach sie, »ich bin sehr unglücklich!« Und sie
seufzte. Die Enten drängten sich dicht an sie heran. »Was hast du – was hast du?« fragten
sie und steckten die Köpfe zusammen. »Mein Vater will,
dass ich die Frau des jungen Königs werde«; klagte die
Prinzessin. »Aber wie kann ich die Frau des schönen jungen Königs werden, da ich
doch Entenfüße habe?« Und bei diesen Worten fing die Prinzessin an bitterlich zu
weinen. Die Enten schlugen mit den Flügeln. »Das ist gerade das Allerhübscheste an dir«,
schnatterten sie und sträubten die Federn. Aber die Prinzessin schüttelte
trübselig den Kopf. »Ja, das findet ihr«, sagte sie, »aber wüsste der junge König
um mein Gebrechen, er würde mich auf der Stelle verstoßen.« Bei diesen Worten
erhob sich die Prinzessin von ihrem Sitz und watschelte mit richtigen gelben
Entenfüßen ein Stück Wegs am Ufer lang und gerade auf den Baum zu, hinter
welchem der junge König stand. Der jedoch sprang geschwinde aus seinem Versteck hervor und warf sich der
erschrockenen Jungfrau zu Füßen. »Ich habe alles gehört,« sprach er, »und wenn's
weiter nichts ist, so könnt ihr ruhig meine Frau werden. Denn ich liebe Euch
noch ebenso wie vorher.« Da fiel die schöne Prinzessin dem jungen König um den Hals und
küsste ihn mitten
auf den Mund. »Ich danke dir«, sagte sie und war sehr glücklich. Und dann gingen
sie zusammen zu dem alten König. Der alte König schmunzelte, als er die beiden so glückstrahlend miteinander
daherkommen sah. »Ich dachte mir wohl, dass sie nicht reinen Mund halten könnte,«
sprach er. »Aber weil ihr es nun doch einmal wisst, dass sie Entenfüße hat, so
will ich Euch auch erzählen, wie sie dazu gekommen ist.
Die hat sie niemand anders zu verdanken als ihrer leibhaftigen Großmutter. Und
das ging nämlich folgendermaßen zu: Als vor Zeiten mein alter Vater starb und
die Reihe an mich kam, mir eine Königin zu nehmen, da wählte ich zum Zorn meiner
Mutter ein Mädchen, das zwar schön wie der Tag war, aber auf meines Vaters
Meierei die Enten hütete. Meine Mutter, die das arme Mädchen um seines niederen
Standes willen hasste, gab uns die Verwünschung in die Ehe mit, dass unsere Kinder
dereinst mit Entenfüßen zur Welt kommen und darauf herumwatscheln sollten.
Die junge Königin starb vor Gram, als sie beim Anblick ihres ersten Kindleins
gewahrte, dass der böse Wunsch in Erfüllung gegangen war. Das Kindlein jedoch
wuchs heran, ward eine schöne Prinzessin und trug von klein auf Schleppkleider,
damit die boshaften Menschen nicht sehen sollten, was darunter steckte. Das ist
die ganze Geschichte. Auf dass Ihr mir jedoch keinen Hass gegen die verstorbene
Urschwieger hegt, will ich Euch morgen zu Eurem Hochzeitsfest ein Geschenk aus
deren Nachlass machen. So unscheinbar es aussieht, hat es doch seinen Wert und
wird Euch und Eurem Volke von großem Nutzen sein.«
Alsbald wurden die Einladungen verschickt. »Vergesst auch nicht den Frosch vom
Moorteich zu bitten,« mahnte der junge König seine Braut, »denn, wäre er nicht
gewesen, wer weiß, ob ich je Eure Bekanntschaft gemacht hätte!«
»Seid unbesorgt,« antwortete sie, »er soll nicht nur eingeladen werden, sondern
auch den Ehrenplatz an meiner rechten Seite erhalten.«
Und richtig fuhr den anderen Tag die königliche Prunkkarosse zuallererst beim
Moorteich vor, um den Frosch abzuholen. »Eigentlich hüpfte ich rascher zu Fuß
hinüber,« quakte der Frosch, »aber der schönen Entenhüterin zuliebe will ich
meinetwegen in der Staatskutsche Platz nehmen, wenngleich ich ungern auf dem
Trocknen sitze.« Und platsch! sprang er quatschnaß, wie er war, auf die samtenen
Wagenpolster. »Meinen besten Glückwunsch!« quakte der Frosch, als der junge König ihn am Wagen
empfing. »Du bekommst eine Prinzessin, die hübsch ist, das Wasser nicht scheut
und schwimmen kann; du hast allen Grund zufrieden zusein..«
Ja, den hatte er auch. Wie nun alle an der Hochzeitstafel versammelt saßen, reichte der alte König dem
Bräutigam ein elfenbeinernes Kästchen über den Tisch hinüber. Der Junge König
öffnete es und fand darin zu seinem Erstaunen nichts anderes als eine ganz
gewöhnliche Hornbrille. Neugierig zog er sie heraus und setzte sie auf die Nase.
Himmel, welche Sonderbarkeiten musste er da erblicken! Die ganze
Hochzeitsgesellschaft war mit einem Schlage verändert, und zwar durchaus nicht
zu ihrem Vorteile! Drüben bei seinem Hofmarschall fing es an. Dem baumelte ein
Fuchsschwanz hinten zum Rockschoß heraus, und in seinen Taschen steckten
sämtliche Kronschätze des Reiches. Des Marschalls Nachbarin zur Linken hatte
Krallen an den zierlichen Fingern, und der zur rechten züngelte eine Schlange
aus dem Munde. Viele von den Kavalieren trugen Strohköpfe, andere wieder statt
des Menschenherzens ein Hasenherz, einen Mühlstein oder ein Stück Torfmoor unter
der Weste. Nur des jungen Königs Braut war unverändert geblieben, und wenn auch ihre gelben
Entenfüße durch das Atlaskleid hindurch schimmerten, ihr Herz in der Brust war
weiß wie Schnee und klar wie Bergkristall. Da
Schloss der junge König die Prinzessin in seine Arme und freute sich sehr, dass
sie weiter nichts hatte als Entenfüße. Seinem Hofmarschall aber ließ er sogleich
die Taschen leeren und jagte ihn aus dem Königreich hinaus. Bloß den
Fuchsschwanz musste er ihm lassen, denn der war festgewachsen. |
||