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Kapitel

Vorwort
Eine Schlägerei und der Ritterschlag

Das Abenteuer am Kreuzweg

Der Kampf mit den Windmühlen
Ein halbes Ohr und ein halber Heim
Das verhexte Wirtshaus
Der Ritter zwischen Himmel und Erde
Die Heimreise im Käfig
Wasserburg und Wellenbad
Der Flug auf dem hölzernen Pferd
Der Einzug in Barcelona

Don Quichotte
Erich Kästner


Ein halbes Ohr und ein halber Heim

Ein paar Tage später näherten sie sich dem Meer. Schon von weitem erblickten sie den Hafen Lapice in der blauen Bucht, und Don Quichotte meinte hoffnungsfroh, hier an der Küste fände seine selbstgeschnitzte Eichenlanze gewiss lohnende Ziele. »Nur eines musst du streng beachten«, sagte er hoheitsvoll zu Sancho Pansa: »Du darfst, da du kein Ritter bist, nicht mit Rittern kämpfen, sondern nur mit Stallmeistern und Knappen! « - »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen!« antwortete der kleine Dicke. »Ich werde mich weder mit Rittern noch mit Stallmeistern prügeln. Denn ich bin ein friedlicher Mensch. Ich werde höchstens wütend, wenn man mich nicht in Ruhe lässt.« - »Du darfst mir, weil ich ein Ritter bin, nicht einmal zu Hilfe kommen!« fuhr sein Herr und Gebieter fort. »Auch dann nicht, wenn ich in Bedrängnis gerate! « - »Ganz wie Sie wünschen«, sagte Sancho Pansa. »Ich bin ein friedlicher Mensch.«

Gegen Mittag begegneten sie einer größeren Karawane. Vorneweg ritten zwei Pater vom Benediktinerorden auf Maultieren. Nebenher liefen ein paar Treiber. Und dahinter folgte, von Reitern begleitet, eine Kutsche, worin eine schöne Dame mit ihrer Zofe saß. Die Dame reiste nach Sevilla, um dort ihren Gemahl zu treffen, der vom spanischen König nach Westindien geschickt werden sollte.

»Siehst du die zwei Zauberer?« fragte Don Quichotte aufgeregt. »Nein«, sagte Sancho Pansa, »ich sehe zwei Benediktiner.«

»Zauberer sind es! « rief der Ritter. »Und sie entführen in der Kutsche eine Prinzessin! « - »Ach wo! « sagte sein Begleiter. »Das bilden Sie sich nur ein! « Doch ehe er ausgesprochen hatte, sprengte Don Quichotte schon auf die verdutzte Gruppe los. Der erste Pater fiel vor Schreck vom Esel. Der andre ritt ins Feld. Die Damen in der Kutsche schrien um Hilfe. »Ich komme ja schon 1 « rief Don Quichotte. »Ich befreie Sie 1 « Er zog sein Schwert und hielt den Schild vor die Brust. Einer der Reiter hob den Degen und benutzte ein Kutschkissen als Schild. Und schon klirrten die Waffen.

Sancho Pansa versuchte inzwischen, dem Pater, der am Boden lag, die Kleider auszuziehen, um sie als Beute zu behalten. Die Eseltreiber fielen über ihn her. Die Damen weinten laut. Don Quichotte und sein Gegner Der Schild splitterte. Aus schlugen aufeinander ein, dass die Luft zitterte/ dem Kissen flogen die Federn. Die Schwerter verbogen sich. Und mit einem Male fielen ein halber Helm und Don Quichottes halbes Ohr auf die Straße. Das machte den Ritter nur noch wütender, und er gab nicht eher Ruhe, bis der Gegner blutend und erschöpft vom Pferde fiel.

Don Quichotte setzte ihm den Degen auf die Brust und ließ ihn und die Dame und die Zofe und die Reiter und die Pater und die Treiber feierlich schwören, sich auf der Stelle nach Toboso zu begeben und dem Fräulein Dulzinea zu berichten, wie heldenhaft ihr Ritter gekämpft habe. Die anderen schworen in ihrer Herzensangst alles, was er hören wollte, und machten sich schleunigst aus dem Staube. Sie fuhren und ritten aber ganz und gar nicht nach Toboso, sondern nach Sevilla, ihrem Reiseziele.

Während Sancho Pansa Don Quichottes halbes Ohr mit Salbe bestrich und dann bandagierte, sagte er gutmütig: »Ritterschaft ist ein anstrengender Beruf, gnädiger Herr. Kämpfen Sie doch, bitte, etwas weniger als bisher! Ich brauche kein Königreich. Strengen Sie sich nicht so an! Eine Grafschaft mittlerer Größe genügt mir.«