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Die Maus, die von bunten Kleidern träumte.
Es war einmal, eine Mäusefamilie, die lebte in einer großen Stadt. Da waren, Vater Maus mit Namen Wilhelm, ein stattlicher Mäuserich, der schon sehr lange hier lebte. Mutter Maus, mit Namen Josefine und zwanzig kleine Mäusekinder, die sie der Einfachheit halber mit dem ABC getauft hatten, z. B. Anton, Beate, Christel, Detlef, Emil, Gerda und so weiter. Eines der Kinder, nämlich Lieschen lief immer weg, meistens in ein großes Kaufhaus, wo es viele Leute gab, die sich neue Kleider kauften. Josefine konnte schimpfen soviel sie wollte, Lieschen wollte einfach nicht hören. Sieh einmal Kind, in dem Käsegeschäft um die Ecke, ist es doch viel schöner und dort kannst du dich satt essen und außerdem riecht es dort doch auch so gut. Aber Mutter, warum haben wir denn keine solchen bunten Kleider, warum müssen wir denn in solch hässlichen Pelzen rumlaufen? Ich stelle mir in meinen Träumen immer vor, wie es wohl wäre, Morgen was Gelbes, Übermorgen was Rotes und Heute etwas Blaues anzuziehen, kannst du das denn nicht verstehen? Verstehen kann ich dich sehr wohl, entgegnete Josefine, aber so ist es nun mal, wir haben unsere grauen Pelze, weil sie im Winter ganz toll wärmen und im Sommer kühlen sie, und außerdem möchte ich auch gar nichts Anderes, Punkt um, basta. Weißt du Lieschen, ich habe nicht immer in dieser großen Stadt gelebt, sondern in einem Dorf, da wo nur arme Leute wohnten. Wo denn, fragte Lieschen, wenn Josefine mal wieder von früher erzählen wollte. Also lass dir erzählen, als ich so alt war wie du, lebte ich mit meinen Eltern und Geschwistern in einem Dorf mit Namen Soundso. Nun zu Essen hatten wir immer genug, aber man musste sich schon etwas anstrengen, etwas zu finden, denn wir wohnten in einer Schneiderei. Aber die Leute kauften nun mal lieber im Geschäft in der Stadt ihre Kleider, denn beim Schneider war es einfach zu teuer sich ein Kleid oder einen Anzug nähen zu lassen, und so brachten sie allenfalls mal etwas zum Reparieren oder Ändern in die Schneiderei. Da gab es natürlich nicht so viel zu verdienen und deshalb gab es auch nicht so viel zu Essen. Natürlich auch nicht für uns. Unser Vater hatte irgendwann ein Käsegeschäft gefunden wo wir uns einmal gut voll stopfen konnten, dass wir hinterher richtiges Bauchweh hatten. Bei dem Käsehändler wohnte eine ganz böse Katze und die verletzte unseren Vater, der eingeschlafen war, so schwer, dass er alsbald verstarb und wir Kinder wurden zu Halbwaisen. Nun eines Tages stand bei dem Schneider eine große Kiste und ich wollte mir diese von innen ansehen und bevor ich wieder heraus klettern konnte, wurde sie mit einem Deckel versehen und zugeschraubt. Ich war darin gefangen. Bald darauf kam ein großes Lastauto und die Kiste wurde aufgeladen. Das alles bekam ich allerdings nicht mit, denn ich war vor Schreck ohnmächtig geworden. Als ich wieder zu mir kam, lag die Kiste in einem dunklen Hinterhof. Ich kletterte vorsichtig nach Draußen und erschrak. Ich war wohl sehr weit von zu Hause weg. Was sollte ich nur hier, ohne meine Eltern und Geschwister? Jetzt war ich ganz auf mich allein gestellt. Aber ich sollte nicht lange allein bleiben. Da kam doch schnurstracks und frohgemut ein stattlicher Mäuserich daher: Einen wunderschönen Guten Morgen wünsche ich, schönes Fräulein, wie ist das werte Befinden? Meinte der tatsächlich mich, ich sah mich um, aber außer uns Beiden, war niemand zu sehen, also antwortete ich: Mir geht es gut, und selbst, aber etwas zu Essen könnte ich schön vertragen. Na wenn's weiter nicht ist, sagte darauf Wilhelm, komm einfach mit, ich weiß wo es den besten Käse in dieser Stadt gibt. Wir liefen so schnell ich konnte dorthin und ich konnte mich mal wieder richtig satt essen. Dann fragte er mich: Ich bin allein, du bist allein, was hältst du davon wenn wir uns zusammentun und eine Familie gründen. Das taten wir dann auch, und es wurde eine wunderschöne Mäusehochzeit gefeiert, und dann bekamen wir auch recht bald, euch unsere Kinder. Aber Mutter warum bist du denn nicht wieder mit Papa und uns in dieses Dorf zurückgegangen, dann könnte ich von dem Schneider lernen, wie man so ein schönes Kleid näht. Nun, das ist unmöglich, ich weiß ja gar nicht, wie ich dort hin zurückkomme. Aber weißt du was, wenn du einmal eine Kiste findest, die verschickt werden soll, dann kannst du es ja mal probieren. Nun war Lieschen sehr müde und schlief auch alsbald ein. Sie träumte davon in einer Kiste zu verreisen und bei einem Schneider zu wohnen. Am nächsten Tag, sie waren gerade in dem Käsegeschäft und hatten sich so richtig die Bäuche voll geschlagen, hörte Lieschen wie der Besitzer telefonierte. Sie schlich näher und hörte gerade noch wie er einer Frau Meier versprach, ihr eine große Kiste mit Käse und sonstigen Leckereien zu schicken. Na, wenn das keine Gelegenheit ist, dachte Lieschen. Sie lief schnell nach Hause, wo sie ganz außer Atem ankam. Mutter, ich kann in einer Kiste verreisen, so wie du, und vielleicht komme ich ja zu einem Schneider, der mir zeigt, wie man sich solch schöne Kleider näht und dann brauche ich nicht immer in diesem hässlichen Pelz rumzulaufen. Aber Kind, du bist doch noch viel zu klein, bleib doch noch hier, bis zur nächsten Gelegenheit. Aber Lieschen ließ sich nicht umstimmen. Sie verabschiedete sich von Ihrer Familie. Josefine packte ihr schweren Herzens ein kleines Bündel mit dem Notwendigsten. Wilhelm gab ihr noch den Rat, bösen Katzen aus dem Weg zu gehen und dann lief sie zurück zum Käseladen. Dort stand schon die Kiste, die glücklicherweise noch nicht geschlossen war. Lieschen kletterte schnell hinein. Hm, wie es darin duftete, da lies es sich aushalten. Keine Sekunde zu früh und schon wurde der Deckel auf die Kiste genagelt. Dann kam ein großes Lastauto und die Kiste wurde aufgeladen und das Auto fuhr davon. Hinter einer Ecke standen die Mäuseeltern und Tränen des Abschieds kullerten ihnen die Backen hinunter. Dann gingen sie nach Hause. Was Lieschen wohl alles erleben wird und wie es ihr ergeht, wir werden es wohl nie mehr erfahren, meinte Wilhelm. Lieschen konnte einfach nicht einschlafen, denn das Lastauto rumpelte über schlechte Straßen und außerdem war sie auch viel zu aufgeregt. Bald kamen sie zum Ziel. Die Kiste wurde abgeladen. Durch eine Ritze sah Lieschen eine rundliche Frau vor einem Haus stehen: Bringen sie die Kiste bitte in die Küche, ich hab jetzt keine Zeit sie zu öffnen, ich muss erst noch zum Einkaufen. Der Fahrer knurrte irgendwas von wegen, anspruchsvoll, aber wieder mal kein Trinkgeld, tat aber, wie ihm geheißen. Na, wenn die Dame des Hauses etwas Anderes vorhat, könnte ich ja etwas von dem feinen Käse probieren, dachte Lieschen und setzte ihre Gedanken auch gleich in die Tat um. Bald war sie satt und müde. Sie schlief endlich ein. Sie wurde von einem langen und spitzen Schrei geweckt. Der Deckel der Kiste war offen und diese Frau Meier von vorhin stand mit angstgeweiteten Augen auf einem Stuhl und schrie wie am Spieß. Lieschen sprang beherzt aus der Kiste und versteckte sich mal vorsichtshalber unter dem Küchenschrank. Die Tür wurde geöffnet und herein kam ein junger Mann: Was schreist du denn so schlimm, Mutter? Eine Maus, eine Maus, schrie sie schrill, und das in der Käsekiste, man sollte den Käse sofort zurückschicken, ich jedenfalls mag ihn nicht mehr essen, nimm ihn mit in die Fabrik, vielleicht wollen ihn die Arbeiter. Paul, so hieß der junge Mann nahm die Kiste und ging hinaus zur Fabrik und fragte die Arbeiter ob sie von dem Käse etwas abhaben wollten, aber jedes mal wenn er von der Maus erzählte, hatten sie plötzlich keinen Appetit mehr. Bald stand die Kiste in einer Ecke. Lieschen war natürlich mit gelaufen. Was es da alles zu sehen gab. Da standen viele Bottiche mit den schönsten Farben drin und da wurden dann Stoff balle hineingetaucht und als sie wieder herauskamen waren sie wunderschön bunt. Lieschen hatte plötzlich eine Idee, was wäre wenn sie in solch einen Bottich springen würde? Aber welche Farbe gefiel ihr am Besten. Denn es gab da wirklich sehr viele Farben und so beschloss sie, es dem Zufall zu überlassen. Sie hielt sich an einem Stück Stoff fest und wurde bald in den Behälter getaucht, leider nur bis zum Bauch, unten war sie jetzt gelb, oben immer noch grau, sie versuchte es ein weiteres Mal. Jetzt war sie unten grün und oben blau, das sah doch schon sehr viel versprechend aus. Jetzt sollte es noch etwas rotes sein, sie steckte die Hände hinein. Jetzt war sie natürlich sehr müde und sie lief zu der Kiste und kletterte hinein um ein Schläfchen zu machen. Sie erwachte von einem schlimmen Gerumpel, das sie schon einmal gehört hatte. Tatsächlich, der Deckel war wieder auf der Kiste und die stand wieder auf einem Lastauto. Die kleine, bunte Maus dachte bei sich, wo wird es wohl jetzt hingehen? Ihr könnt euch sicher ihre Freude vorstellen, als die Kiste ausgeladen wurde, durch die Ritze sah sie den Käseladenbesitzer vor seinem Geschäft stehen. Er nahm die Kiste und brachte sie ins Geschäft, wo er sie öffnete. Da klingelte das Telefon und er musste seine Arbeit unterbrechen. Lieschen nahm die Gelegenheit wahr unerkannt zu entkommen. Die Freude der Eltern war zuerst riesengroß, als Lieschen den Kopf durch das Mäuseloch herein steckte, aber dann wurde Wilhelms Gesicht doch nachdenklich anzusehen. Es ist zwar schön dich wieder zu sehen, aber irgendwie passt du jetzt überhaupt nicht mehr zu uns, die Leute werden reden und deine Mutter und deine Geschwister werden sich schämen wegen dir, am Besten gehst du gleich wieder. Lieschen war sehr traurig und lief weinend davon. Doch lange war sie nicht traurig, denn sie traf einen stattlichen Mäuserich der ein grauweißes Fell hatte. Und der fragte: Wie geht es Dir, du brauchst doch nicht zu weinen, was hältst du denn davon wenn wir uns zusammentun, ich bin alleine wie du und niemand mag mich wegen meinem seltsamen Aussehen. Und taten sie es auch, es wurde eine wunderschöne Mäusehochzeit gefeiert und sie bekamen viele Kinder. Lieschen´s farbiger Pelz verblasste mit der Zeit, aber weil sie mit ihrem Albert und den Kindern so glücklich war vergaß sie ihre Träume, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute glücklich und zufrieden in der Nähe eines Käsegeschäftes. |
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Dieses Märchen wurde mir von Harald Ruffing(
florinho@online.de ) zur Verfügung
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