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Zwei Ringe


Ein reicher alter Mann starb und hinterließ zwei Söhne. Nach dem Tod des Vaters lebten die Brüder eine Zeit lang weiter auf traditionelle indische Art in einer Großfamilie zusammen und führten einen gemeinsamen Haushalt. Doch dann brach Streit zwischen ihnen aus, und sie beschlossen, sich zu trennen und den gesamten Besitz untereinander zu teilen. Alles wurde zu gleichen Teilen aufgeteilt, und so war es bald geregelt. Nachdem sie jedoch bereits mit allem übereingekommen waren, fand man ein kleines Päckchen, das von ihrem Vater sorgfältig verborgen worden war. Sie öffneten es und fanden darin zwei Ringe. Der eine war mit einem wertvollen Diamanten besetzt, der andere war ein gewöhnlicher Silberring, nur ein paar Rupien wert. Als der ältere Bruder den Diamanten sah, entwickelte er Habgier seinem Geist, und so erklärte er dem Jüngeren:: "Mir scheint, dass dieser Ring nicht von unserem Vater selbst erworben wurde, er muss aus dem Erbe unserer Vorväter stammen, ein Familienerbstück. Deshalb verwahrte er ihn getrennt von seinem anderen Besitz. Und da er seit Generation in unserer Familie aufbewahrt worden ist, sollte er auch für zukünftige Generationen erhalten bleiben. Daher werde ich, als der Ältere, ihn behalten. Du nimmst den Silberring. "Der jüngere Bruder lächelte und sagte: "In Ordnung, sei glücklich mit dem Diamantring, ich bin mit dem Silberring zufrieden." Beide steckten sich ihre Ringe an den Finger und gingen ihrer Wege. Der jüngere Bruder dachte: "Es ist zu verstehen, dass mein Vater den Diamantring so sorgfältig aufbewahrt hat, er ist wertvoll. Aber warum hat er nur diesen gewöhnlichen Silberring aufgehoben?" Er begann, den Ring gründlich zu untersuchen, und entdeckte, dass einige Worte in das Metall eingraviert waren: "Auch dies wird sich einmal ändern." - "Oh, das ist das Mantra meines Vaters, sein heiliger Leitsatz: "Auch dies wird sich einmal ändern!" Er steckte den Ring wieder zurück an seinen Finger. Beide Brüder durchlebten die Höhen und Tiefen des Lebens. Immer wenn der Frühling kam, geriet der ältere Bruder in ausgelassene Hochstimmung und verlor in seinem Glückstaumel die Ausgeglichenheit des Geistes. Wenn es Herbst oder gar Winter wurde, verfiel er in tiefe Depressionen und verlor wiederum seine geistige Ausgeglichenheit. Er wurde immer angespannter, und sein Blutdruck stieg. Da er nachts keinen Schlaf mehr fand, begann er Schlafmittel, Beruhigungsmittel und immer stärkere Drogen einzunehmen. Schließlich kam er an einen Punkt wo er eine Elektroschock-Behandlung begann. Das war der Bruder mit dem Diamantring. Was den jüngeren Bruder mit dem Silberring betraf, der freute sich ebenfalls, wenn der Frühling kam, er versuchte nicht, vor ihm davonzulaufen. Er genoss ihn, aber er schaute dabei auf seinen Ring und entsann sich: "Auch dies wird sich einmal ändern." Und wenn es sich änderte, konnte er darüber lächeln und sich sagen: "Nun, ich wusste, dass das nicht so bleiben würde. Jetzt hat sich wieder alles verändert, na wenn schon! "Wenn der Herbst oder Winter kam, schaute er wieder auf seinen Ring und erinnerte sich: "Auch dies wird sich einmal ändern." Er begann nicht zu jammern, denn er wusste ja, dass auch das wieder anders werden würde. Und wirklich, auch dies änderte sich, es ging vorüber. Bei allen Höhen und Tiefen, allen Wechselfällen des Lebens wusste er, dass nichts ewig ist, dass alles kommt, nur um wieder zu vergehen. Er bewahrte stets die Ausgeglichenheit seines Geistes und lebte ein friedvolles, glückliches Leben. Dies war der Bruder mit dem Silberring.


Dieses Märchen wurde mit von Patric Hag (100.49163@germanynet.de) zur Verfügung gestellt.