Der Traum von den Schmutzbolden

In einem verwachsenen morschen Baum zogen fünf Schmutzbolde ein. Sie hießen Staubian, Dreckias, Schmieri und Schlammo. Sie hatten sich den Baum ausgesucht, weil er einen großen Wohnraum bot, wo man alles einfach fallen- und liegenlassen konnte, und weil sich in den vielen Verästelungen die Vorräte verstecken ließen. Dreckias und Staubian kümmerten sich darum, Schmutzikus und Schlammo schleppten aus dem Wald alles heran, was zur Einrichtung dienen mochte, und Schmieri, der Kleinste spielte tagein und tagaus mit dem selbstgebauten Auto aus Moos, Erde und abgefallenen Blättern.

Am Abend saßen alle fünf um die dickste Wurzel, die ihnen als Tisch diente und waren zufrieden mit dem, was sie geleistet hatten. Keinen Gedanken verschwendeten sie daran, sich vor dem Schlafengehen zu waschen und die Zähne zu putzen.

„Wir sind fast fertig mit dem Einrichten“, freute sich Schmutzikus. Er war der Anführer der Schmutzbolde im morschen Baum.

„Fast fertig?“ wunderte sich Schlammo. „Und wo sind die Betten zum Schlafen? Möchtest du auf dem Boden liegen? Ich nicht!“ Schlammo wäre schon mit einer mossgefüllten Kiste zufrieden gewesen, aber auf dem Boden schlafen, nein, das wollte er nicht.

„Richtig“, brummte Schmutzikus nachdenklich. „Wir haben keine Betten!“
“Dann müssen wir eben welche bauen“, schlug Staubian vor.

„Dazu bin ich viel zu müde“, gähnte Schmieri. „Ich will keine Betten bauen. Ich will schlafen gehen.“

So machten sich die vier Größeren auf den Weg, um Moos und Holz für die Betten zu sammeln. Auf ihrer Suche kamen sie am Nachbarbaum, einer alten, knorrigen Fichte vorbei, die ebenfalls bewohnt war. Vorsichtig schlichen sie näher, spähten durch das geöffnete Fenster und begutachteten die Behausung der Nachbarn.

„Ich glaube, da ist niemand zu Hause“, flüsterte Staubian.

„Seht nur“, wisperte Schlammo. „Da stehen fünf Betten. Ein jedes mit Polster und Decke!“

„Und wie sauber die sind!“ stöhnte Schmutzikus.

„So eins möchte ich auch haben“, jammerte Dreckias.

„Ich auch!“ rief Staubian.

„Ich auch! Ich auch!“ kam es von den anderen.

Schmutzikus lachte: „Saubere Betten wollen wir haben? Und was ist mit dem Waschen?“
“Nein danke! Das brauchen wir nicht!“ protestierten die übrigen wie aus einem Mund. „Waschen? Wozu denn? Wenn wir in saubere Betten schlüpfen, werden wir auch ohne waschen sauber!“
“Ich habe eine Idee!“ grinste Staubian vielsagend. „Eine gute Idee! Wir nehmen die Betten einfach mit!“

„Ja!“ riefen die anderen. „Wir nehmen sie mit! Hurra!“

Staubian, Schmutzikus, Schlammo und Dreckias zwängten sich durch den Hintereingang in die Baumwohnung, schulterten die fünf Betten- Schmutzikus, der Stärkste trug zwei- und schleppten die Beute im Gänsemarsch nach Hause. Dort waren die Betten gleich aufgestellt, und zufrieden hüpften die fünf Schmutzbolde um sie herum.

„Ich habe ein Bett, du hast ein Bett, das ist nett!“ freuten sie sich. Dann legten sie sich nieder und schliefen glückselig ein. Staubian begann sofort zu schnarchen, er schnarrte und sägte so laut, dass niemand die bestohlene Igelfamilie kommen hörte.

„Aha!“ sagte der Igelvater ernst. „Da sind also die Diebe unserer Betten!“

„Sieh nur, wie die schmutzig sind!“ flüsterte eines der Igelkinder.

„Außerdem stinken sie fürchterlich!“ schimpfte die Igelmutter.

„Wir müssen etwas unternehmen“, stellte Felicitus, der Igelvater fest. „Hm, hm, wir müssen etwas unternehmen! Und da fällt mir auch schon etwas ein.“

„Was denn Papa?“ wispelte das Igelbaby.

„Sie haben nicht nur unsere Betten gestohlen, sie haben sie auch noch schmutzig gemacht, weil sie sich offenbar nie waschen. Ich werde sie hart bestrafen!“ stellte Felicitus fest und rief alle seine Flöhe zu sich. „Wollt ihr mir zur Abwechslung einmal helfen?“ fragte er sie.

„Gibt`s was zum beißen?“ fipste einer der Flöhe vorlaut.

„Jede Menge!“ lachte Vater Igel. „Springt nur hinein und bedient euch!“

Die Flöhe hechteten schnurstracks in die Betten und begannen zu zwicken und zu beißen.

„Au! Aua! Was ist denn? Ui, wie das beißt! Ich kann nicht schlafen! Mich hat auch etwas gezwickt!“ Ein solches Gejammere und Wehklagen hörte die Igelfamilie vor der Tür. “Schon wieder! Autsch, mein Fuß! Wer hat in meinen Bauch gebissen?“ - so und ähnlich ging es weiter, und Schmieri, der Kleinste, begann zu brüllen: „Wer hilft mir beim Kratzen? Ich halte das nicht länger aus! So kratzt mich doch!“

Da trat Vater Felicitus ans offene Fenster und befahl den Flöhen: „Schluss jetzt!“ Und zu den Dieben sagte er: „Wenn ihr euch gründlich mit Seife wascht und die Betten sauber zurückbringt, hole ich die Flöhe wieder.“ Die Igelmutter lief nach Hause und brachte den Schmutzbolden ein großes Stück Seife.

Widerwillig steckten die Schmutzbolde Hände und Füße ins Wasser, seiften die Hälse ein und wuschen sich die Ohren.

„Wir riechen aber gut“, stellte Dreckias fest.

„Wir haben keine Flöhe mehr!“ jubelte Staubian.

„Wir sind sauber!“ staunte Schmieri.

„Wir sind keine Schmutzbolde mehr!“ rief Schlammo.

„Wir sind Sauberbolde!“ brummte Schmutzikus zufrieden.

Dann putzten sie die Betten und brachten sie der Igelfamilie zurück.

Seit dieser schlaflosen Nacht wuschen sich die Sauberbolde jeden Tag im Bach, und Schmieri, der nun Reino hieß, durfte die wohlriechende Seife tragen.


Aus: „Caterinas Träume“ (I sogni di Caterina) von Lilo Galley
Illustriert von Maria- Luisa Gasser

Diese Märchen wurden von Lilo Galley zur Verfügung gestellt!
lilo.galley@chello.at