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Kapitel

Vorwort
Eine Schlägerei und der Ritterschlag

Das Abenteuer am Kreuzweg

Der Kampf mit den Windmühlen
Ein halbes Ohr und ein halber Heim
Das verhexte Wirtshaus
Der Ritter zwischen Himmel und Erde
Die Heimreise im Käfig
Wasserburg und Wellenbad
Der Flug auf dem hölzernen Pferd
Der Einzug in Barcelona

Don Quichotte
Erich Kästner


Die Heimreise im Käfig

Mittlerweile wurden er und der kleine Dicke eifrig gesucht. Erstens vom Pfarrer und vom Barbier, ihren Freunden aus dem Heimatdorf, und zweitens von der Polizei. Und weil außer Don Quichotte in ganz Spanien kein anderer Mann als Ritter umhergeritten war, fand man die beiden bald. Mit dem ausgerenkten Arm ging es wieder besser, und sie saßen vorm Gasthaus und ließen sich von der Sonne bescheinen. Über das Wiedersehen mit dem Pfarrer und dem Barbier freuten sie sich bis zu einem gewissen Grade, obwohl sie lieber unentdeckt geblieben wären. Aber über die Ankunft der Polizisten freuten sie sich gar nicht. Wer freut sich schon, wenn ihn die Polizei sucht und findet!

Man wollte ihn und Sancho Pansa verhaften! Denn sie hätten Galeerensträflinge befreit, sieben Hammel getötet, Eseltreiber verprügelt, reisende Damen belästigt, Kaufleute überfallen, eine Windmühle beschädigt, einen Trauerzug samt Sarg demoliert - kurz, die Polizei wusste recht gut Bescheid, und der verlas eine lange Liste von schlimmen Anklagen. Da kam er aber bei Don Quichotte an die falsche Adresse! »Was fällt Euch ein?« rief der Ritter. »Ich habe Riesen besiegt, Prinzessinnen befreit, Armen geholfen, Zauberer vernichtet und feindliche Armeen in die Flucht geschlagen! Der König sollte mir eine Provinz schenken, statt Euch zu schicken! Oh, Undank ist der Welt Lohn!« Da betrachtete ihn der Hauptmann lange, und dann sagte er: »Ihr seid ja verrückt!« Als er das gesagt hatte, nahm ihn der Pfarrer beiseite und redete leise auf ihn ein. »Ihr habt ganz recht, Herr Hauptmann«, meinte er bekümmert, »mein Freund ist ein bisschen verrückt.« - »Ein bisschen?« fragte der Hauptmann ärgerlich. »Ein bisschen sehr!« Der Pfarrer sagte: »Ob nun ein bisschen verrückt oder ein bisschen sehr - das ist kein Grund, ihn ins Gefängnis zu stecken!« - »Wieso denn nicht?« meinte der Hauptmann. »Wenn jemand eine Hammelherde überfällt und sieben Schafe tötet, so ist es unwichtig, ob das ein Räuber oder ein Verrückter tut. Sieben tote Schafe sind sieben tote Schafe. Und Euer Freund hat mehr als sieben tote Schafe auf dem Gewissen. Er ist gemeingefährlich, und man muss ihn einsperren. Basta!«

»Überlassen Sie ihn mir!« bat der Pfarrer. »Ich bringe ihn nach Hause, und wir werden ihn nicht aus den Augen lassen. Er war ja nicht immer verrückt! Und vielleicht wird er daheim bei guter Pflege und strenger Aufsicht wieder normal!« - »Und wenn er Euch unterwegs davonläuft?« fragte der Hauptmann. »Er wird mir nicht davonlaufen«, antwortete der Pfarrer. »Ich verpfände Euch mein Wort!«

So kam es, dass sich am nächsten Tag ein seltsamer Zug heimwärts bewegte: Auf einem Ochsenkarren stand ein hölzerner Käfig. In dem Käfig saß, auf Strohbündeln und mit gebundenen Händen, Don Quichotte. Und daneben ritten der Pfarrer, der Barbier und Sancho Pansa und gaben acht, dass der Ritter in seinem Käfig sitzen blieb. Um es kurz zu machen: Er blieb sitzen und fand die seltsame Heimreise sogar interessant! (Bei Verrückten soll sich einer auskennen!)

Als sie zu Hause angekommen waren, brachten sie Don Quichotte in sein Studierzimmer und sperrten ihn dort ein. Die Haushälterin und deren Nichte machten es ihm bequem, bedauerten ihn und brachten ihn gleich zu Bett. Dann ging Sancho Pansa zu seiner Frau und seinen Kindern und gab ihnen einen Kuss. »Was hast du mir mitgebracht?« fragte nach dem Kuss Frau Pansa. - »Einen großen Hunger«, sagte ihr Mann und setzte sich zu Tisch. - »Sonst nichts ?« fragte die Frau und war sehr enttäuscht. - »Das nächste Mal wird's besser«, meinte er. »Das nächste Mal kriegst du eine Insel, oder du wirst Gouverneuse.« - »Was soll ich denn mit einer Insel?« fragte Frau Pansa. »Dafür ist unser Haus doch viel zu klein! Und was ist eine Gouverneuse?«- »Die Frau eines Gouverneurs!« - »Und was ist ein Gouverneur?« »Der Mann einer Gouverneuse!« Da sagte Frau Pansa: »Aha! So ist das! «